EU-Skepsis wächst
Das Europa-Barometer zeigt, dass immer weniger Stimmberechtigte einem EU-Beitritt der Schweiz zustimmen würden. Zurzeit wären es bloss noch 39 Prozent.
Bereits seit Jahren veröffentlichen die Politikwissenschaftler des GfS-Forschungs-Institut regelmässig ein Europa-Barometer. Darin lässt sich die Stimmung der Stimmberechtigten ablesen. Und bei der am Donnerstag veröffentlichten Analyse zeigt sich deutlich: Die Unterstützung für einen EU-Beitritt der Schweiz schrumpft.
Seit der Abstimmung über die Bilateralen Verträge im Mai 2000 befürworten immer weniger Schweizerinnen und Schweizer einen EU-Beitritt.
Die Frage ist immer die gleiche: "Wenn wir schon am nächsten Sonntag über einen Beitritt der Schweiz zur EU abstimmen müssten, wie würden Sie dann stimmen?" - Mit Ja antworteten bloss noch 39 Prozent der Befragten, 45 Prozent sind gegen einen EU-Beitritt. Im Juni dieses Jahres hatten sich noch 40 Prozent für einen Beitritt ausgesprochen.
Rückgang seit 1993
"Der grosse Zeitvergleich zeigt, dass Ende 2001 so wenige für den EU-Beitritt sind, wie seit 1993 nicht mehr", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Analyse.
Immerhin: Zwar sei der Ja-Anteil weiter geschrumpft, doch die Nein-Stimmen konnten nicht weiter zulegen. Zugenommen hat der Anteil der Unentschlossenen.
Gegen Erhöhung der Mehrwertsteuer
Geringer noch ist die Unterstützung für den Beitritt, wenn dieser Konsequenzen hätte auf die direkte Demokratie und das Konkordanz-System.
Mühe hätten die Befragten auch mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, die zurzeit in der Schweiz deutlich tiefer ist als in der EU. 67 Prozent wollen von einer höheren Mehrwertsteuer nichts wissen.
Für das Bankgeheimnis
Ebenfalls mehr als die Hälfte der Befragten würde es nicht akzeptieren, wenn ein EU-Beitritt bedeuten würde, dass das Bankgeheimnis aufgehoben würde. Dazu sind 52 Prozent "gar nicht bereit".
Alleingang der Schweiz längerfristiges Ziel
Für die Zukunft ist die Bevölkerung nach wie vor gespalten: 27 Prozent wollen nach der Verabschiedung der Bilateralen Verträge keine weitere Annäherung an die EU. 25 Prozent möchten, dass der eingeschlagene bilaterale Weg weiter entwicklet wird. 37 Prozent wollen sich weiteren Integrationsschritten mit einem Systemwechsel nicht verschliessen.
In ihrer Würdigung betonen die Forschenden, dass der schweizerische Alleingang in Fragen der europäischen Integration Realität werde. Mit der Volksabstimmung über die Bilateralen wurde gemäss des GfS "aus Bevölkerungssicht nicht ein erster Schritt auf dem Weg zum Beitritt, sondern eine Weiche gestellt, die auf eine Ausrichtung der helvetischen Aussenpolitik ausserhalb der EU-Vollmitgliedschaft zielt".
Punkto Parteienzugehörigkeit hat sich da nicht viel geändert: am integrationsfreundlichsten ist die Basis der Sozialdemokratischen Partei, gefolgt von den Freisinnigen und den Christdemokraten. Die SVP-Anhänger sind am stärksten gegen die Annäherung an die EU.
Euro: pragmatischer Umgang
Ebenfalls befragt wurde die Haltung zum Euro, der Anfang 2002 in den umliegenden Ländern eingeführt wird. Hier zeigt die Untersuchung, dass die Akzeptanz in der Schweiz in dieser zweiten Jahreshälfte gewachsen ist.
Bei den Skeptikern herrschen Bedenken zu den Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft vor. Besonders pessimistisch ist die Landbevölkerung. Parteipolitisch betrachtet sieht vor allem die SVP-Basis der Einführung des Euro mit Skepsis entgegen. Je höher die Bildung, desto vorteilhafter fällt das Bild der neuen Währung aus.
Die Grundhaltung entwickle sich von Skepsis zu Hoffnung, schreiben die Wissenschaftler. Allerdings warnen sie: "Ein Scheitern der Einführung in den Mitgliedstaaten dürfte die Anti-Beitrittshaltung stärken."
Eva Herrmann und Agenturen

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