Erfolgreicher Börsengang: GM gewinnt Freiheit zurück
DETROIT/NEW YORK (awp international) - Mit dem wohl grössten Börsengang aller Zeiten hat der US-Autobauer General Motors seine Unabhängigkeit zurückgewonnen. Nur ein gutes Jahr nach der Beinahepleite konnte sich der Konzern aus der staatlichen Obhut lösen. "General Motors' Börsengang stellt nicht nur einen grossen Meilenstein für eine Kultfirma dar, sondern für die gesamte amerikanische Autoindustrie", sagte Präsident Barack Obama.
Die Aktie des Opel-Mutterkonzerns sprang am Donnerstag gleich zu Handelsbeginn in New York um 6 Prozent auf glatte 35 US-Dollar hoch. "Das ist ein grossartiger Tag für jeden, der mit GM verbunden ist", sagte Konzernchef Daniel Akerson. Er läutete im grossen Handelssaal an der Wall Street das Comeback des fast pleitegegangenen Autogiganten ein. Vorausgegangenen war eine harte Sanierung.
STAAT BEKOMMT DEN LÖWENANTEIL
Die Investoren rissen sich um die Papiere. GM hatte die Aktien mit 33 Dollar bereits teurer angeboten als ursprünglich geplant. Der Grossteil des eingenommenen Geldes von bis zu 23,1 Milliarden Dollar geht an den US-Staat als Mehrheitseigner. Die Regierung hatte GM mit einer Finanzspritze von 49,5 Milliarden Dollar vor dem Untergang bewahrt und den Neustart erst ermöglicht.
"Wir werden diese Hilfe nie vergessen", sagte Konzernchef Akerson. "Wir wissen, wo wir standen." Das Comeback ist bemerkenswert: Das Unternehmen liess die Megaverluste der Vergangenheit hinter sich und gilt heute wieder als einer der aussichtsreichsten Autobauer der Welt. Nur die deutsche Tochter Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall gelten noch als Sorgenkinder, weil die Europäer sich mit Autokäufen zurückhalten.
STELLEN FALLEN WEG
Akerson will das Europageschäft mit den gleichen Mitteln wieder auf Vordermann bringen, die schon in Nordamerika gewirkt haben: Kapazitäten runterfahren, Kosten senken. Im Klartext bedeutet das die Streichung von 8.000 Stellen. Bei den Autos vom kleinen Corsa bis zum grossen Insignia sieht Akerson dagegen wenig Handlungsbedarf. "Europa ist in guter Verfassung, was die Modellpalette angeht."
Nach einer aktuellen Studie des Center for Automotive Research haben die staatlichen Finanzspritzen bis heute 1,4 Millionen Jobs bei Zulieferern und Herstellern gerettet. Der Steuerzahler hatte auch den kleineren Rivalen Chrysler stützen müssen. Der strebt mittelfristig ebenfalls wieder an die Börse, schreibt momentan aber noch Verluste. Nur die Nummer zwei im Land, Ford, überlebte aus eigener Kraft.
GEWERKSCHAFT BETEILIGT
Bis dato hatten die USA 61 Prozent der GM-Anteile gehalten. Der teilweise Verkauf brachte bis zu 13,6 Milliarden Dollar ein. Die nun verbleibenden mindestens 33 Prozent sollen nach und nach abgestossen werden. Kanada und die Autogewerkschaft UAW haben ebenfalls Aktien abgegeben. Der vierte im Bunde, die Gläubiger der alten GM, wartet auf bessere Kurse.
Der Grossteil der neuen Investoren kommt aus Nordamerika. Auch viele Kleinanleger und Mitarbeiter hätten zugegriffen, sagte Finanzchef Chris Liddell. Staatsfonds aus Asien und dem Nahen Osten, die ein Faible für die Autoindustrie haben und etwa bei VW oder Daimler engagiert sind, sicherten sich ebenfalls ein Stück an GM. Der langjährige chinesische Partner SAIC hat nach US-Medienberichten ein knappes Prozent gekauft.
REKORDVERDÄCHTIG
GM hatte im Auftrag seiner Besitzer Stammaktien im Wert von bis zu 18,1 Milliarden Dollar auf den Markt geworfen. Damit hätte GM den zweitgrössten Börsengang der USA nach Visa gestemmt. Rechnet man die ausgegebenen Vorzugsaktien im Wert von bis zu 5 Milliarden Dollar hinzu, dürfte GM sogar den weltweiten Spitzenreiter bei Börsengängen, die Agricultural Bank of China, überholt haben. Die Chinesen hatten mehr als 22,1 Milliarden Dollar eingenommen.
Die Einnahmen aus den Vorzugsaktien fliessen GM selbst zu und dürften für die Entwicklung spritsparender Autos oder Investitionen in Opel verwendet werden. Denn Akerson ist klar: "Am Ende des Tages wird das Design des Autos und dessen Qualität über unseren Erfolg entscheiden."
das/DP/stw