Die Zukunft ist "Orange" - aber nicht für alle
Seit Freitag streiken 300 Angestellte der Telekomfirma Orange. Sie wehren sich gegen Entlassungen und Stellentransfers. Der Streik dauerte am Montag in Biel an.
Orange gehört zum hochverschuldeten französischen Konzern France Télécom.
Im ganzen Telekomsektor wird rationalisiert. Auch die Schweiz ist betroffen: Swisscom hatte vor einigen Wochen angekündigt, 1000 Stellen zu streichen. Betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter streikten.
Ende Januar hat auch der Mobilfunkanbieter Orange angekündigt, 200 von insgesamt fast 1700 Angestellten zu entlassen. Einige Hundert Mitarbeitende des Call Centers im Hauptsitz in Bussigny-près-Lausanne sind darauf Ende letzter Woche in einen Streik getreten.
Nur Swisscom anerkennt Gesamtarbeitsvertrag
Am Montag nachmittag demonstrierten rund 200 Orange-Angestellte in der Stadt Biel und beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM): Orange soll die arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Fernmeldegesetz einhalten. Laut Gesetz sind die Netzbetreiber an die Einhaltung branchenüblicher Arbeitsbedingungen gebunden.
Zurzeit verfüge einzig Swisscom über einen Gesamtarbeitsvertrag und sei bei Abbaumassnahmen zur Ausarbeitung eines Sozialplans gezwungen. Orange anerkenne die Gewerkschaft Kommunikation dagegen nicht als Sozialpartner an. Dabei ist Orange die Tochter eines staatlichen Unternehmens: France Télécom, das subventioniert wird.
Ungenügender Sozialplan
Nach den Plänen des Managements sollen 128 Personen im Kanton Waadt wegrationalisiert werden, 40 in Zürich, 8 in Bern und 2 im Tessin. Weiter sollen 225 Arbeitsplätze nach Biel umgesiedelt werden.
Gegen diese für sie unakzeptable Umsiedlung und den in ihren Augen ungenügenden Sozialplan wehren sich die Angestellten. Die Gewerkschaften fordern Verhandlungen und Nachbesserungen.
Orange-Chef Andreas Wetter zeigte gegenüber Schweizer Radio DRS Verständnis für die Emotionen der Betroffenen. Der Streik sei aber für die Verhandlungen nicht förderlich, fügte er bei. Die Firma will mit den Entlassungen ein Ziel erreichen: Ihre Rentabilität verbessern.
Ein Markt stösst an seine Grenzen
Denn der boomende Telekommarkt der späten 90er Jahre ist heute nicht mehr als eine schöne Erinnerung: Die meisten Menschen in Europa besitzen heute bereits ein Mobiltelefon. Die Anbieter kämpfen deshalb heute nicht mehr um Neukunden, sondern um ihre Marktanteile.
Hinzu kommt, dass viele Anbieter hoch verschuldet sind. Sie bezahlten Milliarden-Beträge für Konzessionen der dritten Mobilfunk-Generation (UMTS), die heute weitgehend wertlos sind.
France Télécom, die Orange im Jahr 2000 übernahm, musste diese brutale Erfahrung machen, und steht nun als eine der höchstverschuldeten Telekom-Firmen da.
Am Tropf des Staates
"France Télécom verdankt ihr Überleben nur der finanziellen Unterstützung des französischen Staates", sagt Michel Crétier, Analyst der Genfer Privatbank Pictet.
Und weil das Mutterhaus kein Geld mehr in seine Schweizer Tochter einschiessen will, muss diese früher als vorgesehen selbsttragend werden und Kosten sparen.
Schweizer Markt bleibt attraktiv
Diese Restrukturierung sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz ein attraktiver Markt ist. "Die Schweizer Kunden telefonieren mehr als in den Nachbarländern und es gibt nur drei Anbieter", erklärt Crétier.
Für den Analysten sind die Entscheide des Orange-Managements verständlich: "Es ist eine nötige Angleichung an die Führungs-Politik der France Télécom."
Von der Realität der Zahlen eingeholt, muss Orange kürzen und sparen, wo es nur geht. Damit die Zukunft für den Konzern, wie es die Werbung verspricht, weiterhin "heiter" und "Orange" bleibt – allerdings nicht für alle.
swissinfo, Jean-Didier Revoin
(Übertragung aus dem Französischen: Philippe Kropf)
In Kürze
Orange ist der zweitgrösste Mobilfunk-Anbieter in Europa und in über 30 Ländern aktiv, 40 Mio. Personen telefonieren mit Orange.
Der Schweizer Ableger mit Sitz in Bussigny-près-Lausanne beschäftigt knapp 1700 Personen und zählt 988'000 Kunden.
Im Jahr 2000 kaufte France Télécom die gesamte Orange-Gruppe. Der französische Ex-Monopolist erbte damit auch den Schuldenberg aus dem Poker um die UMTS-Lizenzen. Mit dem Ende des exponentiellen Markt-Wachstums der letzten Jahre versucht er das Defizit nun mit Entlassungen zu decken.

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