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Die Schweiz muss sich vor der IAO erklären

Das Arbeitsklima zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern hat sich verhärtet, so etwa bei Swissmetal Boillat. Keystone

Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) hat am Freitag einer Klage des Gewerkschaftsbundes (SGB) zum Abbau von gewerkschaftlichen Rechte in der Schweiz stattgegeben.

Dieser Inhalt wurde am 09. Juni 2006 publiziert Minuten

Eine Kommission der IAO, die aus Anlass der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf zusammen getreten ist, verlangt nun von der Schweiz eine Erklärung.

Die Normenkommission der 95. Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) hat eine Klage des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) zugelassen. Die Schweiz wird von der Kommission aufgefordert, sich zu erklären.

Die Kommission, die am Freitag im Rahmen der IAO zusammentrat, forderte die Schweizer Regierung auf, Fragen hinsichtlich der Umsetzung bestimmter Artikel des IAO-Abkommens über das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und auf Vertragsverhandlungen zu beantworten.

Konkret geht es um mangelnden Schutz bei antigewerkschaftlichen Kündigungen, Verhandlungen mit Personalkommissionen statt mit Gewerkschaften in Bereichen, wo letztere zuständig wären sowie mangelnde Förderung von Vertragsverhandlungen.

Der SGB äusserte sich positiv. "Wir sind zufrieden mit dem Entscheid der Experten", sagt Jean-Claude Prince, Zentralsekretär des SGB. "Unsere Klage wurde von der IAO nicht zurückgewiesen, das ist schon mal ein Anfang."

Der Vertreter der Schweizer Regierung, Botschafter Jean-Jacques Elmiger vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), sicherte zu, im November zu den Fragen einen Bericht zu erstatten.

Den Dialog weiterführen

Ausserdem hat die IAO-Konferenz die Schweizer Regierung aufgefordert, "einen echten Dialog mit den Sozialpartnern über die antigewerkschaftliche Diskriminierung aufzunehmen".

Die Kommission bedauert, dass die Schweiz seit 2004 nicht auf Vorwürfe des SGB reagiert habe. Im März 2004 hatte die Regierung die IAO aufgefordert, auf eine weitere Klage des SGB zum Schutz antigewerkschaftlicher Entlassungen nicht einzutreten.

Alexandre Plassard, der den Arbeitgeberverband vertritt, meint seinerseits, dass sich der Staat nicht in den Dialog zwischen den Unternehmen und den Gewerkschaften einmischen soll.

Nur Empfehlungen, keine Sanktionen

Der SGB ist im Mai 2003 zum ersten Mal vor die Expertenkommission der IAO getreten und hat den Antrag im Oktober 2004 wiederholt.

Die Expertenkommission kann keine Sanktionen beschliessen. Sie verabschiedet Empfehlungen zuhanden des Verwaltungsrats der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

swissinfo und Agenturen

In Kürze

In der Schweiz werden 700 Gesamtarbeitsverträge (GAV) ausgehandelt.

Der GAV ist ein schriftliches Abkommen zwischen einem oder mehreren Arbeitnehmerverbänden und einem oder mehreren Arbeitgeberverbänden.

Das Arbeitsgesetz spricht den Parteien die Kompetenz zu, Regelungen über Abschluss, Ziel und Ende der Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie ihrer Rechte und Pflichten zu treffen.

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Fakten

Nach Gewerkschafts-Fusionen existieren heute zwei Dach-Organisationen: der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), der 16 Gewerkschaften mit rund 380'000 Mitgliedern und Travail.Suisse, der 13 Gewerkschaften mit rund 160'000 Mitgliedern vereint.
Darüber hinaus gibt es Arbeitnehmer-Organisationen, die an keiner Dach-Organisation angehören.
1990 unterstanden 50% der Arbeitsverhältnisse dem GAV, 2003 nur noch 36,7%.

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