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Deutsches Gericht klagt Joe Ackermann an

Der Schweizer Joe Ackermann, CEO der Deutschen Bank. Keystone Archive

Die deutsche Staatsanwaltschaft erhebt gegen den Chef der Deutschen Bank, Joe Ackermann, Anklage.

Dieser Inhalt wurde am 17. Februar 2003 - 12:50 publiziert

Gegen den Schweizer wird seit längerem wegen ungetreuer Geschäftsführung im Fall von Mannesmann ermittelt.

Mit Josef ("Joe") Ackermann sind auch IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, der frühere Mannesmann-Vorstandsvorsitzende Klaus Esser, der frühere Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk, der frühere Konzern-Betriebsratsvorsitzende Jürgen Ladberg und der einstige Personalvorstand Dieter Droste von der Staatsanwaltschaft angeklagt.

Über die konkreten Vorwürfe wollte sich die Staatsanwaltschaft noch nicht äussern. Bekannt ist, dass sie mehr seit mehr als zwei Jahren wegen "Verdachts auf Untreue" (schweizerisch: "ungetreue Geschäftsführung") beziehungsweise Beihilfe dazu ermittelt. Ackermann sass als Vertreter der Deutschen Bank im Aufsichtsrat (Verwaltungsrat) von Mannesmann.

Mitten in der Pressekonferenz

Die offizielle Anklage sei kein Grund für einen Rücktritt, das hatte Ackermann schon während der Bilanzpressekonferenz Anfang Februar deutlich gemacht. Damals hatte Ackermann den Medien gerade die Zahlen der Deutschen Bank erklärt, als bekannt wurde, dass grünes Licht für eine Anklage gegeben werde.

Der Vorstandschef setzte damals gelassen die Journalisten davon in Kenntnis, und nahm darauf den Standort Deutschland aufs Korn. Seit zwei Jahren fände eine Vorverurteilung statt.

Dennoch: Der Prozess könnte zu einem der spektakulärsten in der deutschen Wirtschaftsgeschichte werden.

Übernahmeschlacht um Mannesmann

Anfang dieses Monats wurde klar, dass das Justizministerium von Nordrhein-Westfalen die Akten der Ermittler geprüft und keine Einwände gegen einen Prozess hatte.

Seither ist ein Prozess wahrscheinlich geworden: Es geht dabei um Abfindungen und Prämien von umgerechnet mehr als 180 Millionen Franken. Die Beträge sollen nach der Übernahmeschlacht um Mannesmann durch die britische Mobilfunkgesellschaft Vodafone an Manager, Aufsichtsräte und Pensionäre des Mannesmann-Konzerns verteilt worden sein.

Fehlende Rechtsgrundlage

Für einen Grossteil der Zuwendungen, so der Vorwurf der Ermittler, habe jede Rechtsgrundlage gefehlt. Die sechs Beschuldigten wiesen die Vorwürfe mehrfach als "unzutreffend" zurück. Die Staatsanwaltschaft bemängelt nicht den Umstand der Zahlungen an sich, sondern dass die Rechtsgrundlage gefehlt habe.

Die Höhe der Abfindungen werden von der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Behandlung der Aktionäre der Deutschen Bank gestellt.

Seit Mai 2002 ist Ackermann Chef der Deutschen Bank

Dabei schien der aus Mels im Kanton St. Gallen stammende Schweizer Topbanker Josef Ackermann nach sechs Jahren zielstrebiger Arbeit in Deutschland am 22. Mai 2002 am Ziel zu sein. Auf der Hauptversammlung der Aktionäre wurde er zum Chef der Deutschen Bank gewählt.

Nicht nur wurde Josef "Joe" Ackermann als erster Ausländer in der Geschichte der 1870 gegründeten Bank auf den Chefsessel gewählt. Er erhielt sogar eine für deutsche Verhältnisse grosse Machtfülle. Beobachter vergleichen sie mit derjenigen in angelsächsischen Unternehmen: Chief Executiv Officer (CEO) heisst das dort und umfasst die persönliche Unterstellung aller operativen Geschäftseinheiten.

In Deutschland gilt Ackermann als "freundlich und bescheiden, selbstbewusst und knallhart in der Sache" (Kapitalmarkt-Experte Rüdiger Rosen Anfang 2003).

Viel Lob im Heimatort

Ackermann ist Mitte 50. Mels ist heute stolz auf seinen berühmten Sohn, dessen Vater Arzt ist und dessen Mutter eine "Stille und Schaffige" sei. Die Eltern, so wird geschrieben, besuche Ackermann mindestens jeden Muttertag. Nach einem Vortrag soll der CEO der Deutschen Bank 10'000 Franken an die Gemeindebibliothek gespendet haben.

Machtkampf in der Schweiz verloren

Begonnen hat der Aufstieg Ackermanns in der Schweiz. Ende der 70er Jahre erklärte er bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (heute Credit Suisse), dass er die Nummer Eins werden wolle. So wenigstens erinnert sich ein enger Weggefährte von damals.

Sechzehn Jahre brauchte Josef Ackermann, der an der Handelshochschule St. Gallen studiert hatte, um sich bei der Schweizer Grossbank vom Assistenten der Generaldirektion zu deren Führung hochzuarbeiten.

Drei Jahre leitete er die Bank, dann kam es 1996 zum Eklat. Ackermann verliess Knall auf Fall die CS - im Streit mit Verwaltungsrats-Präsident Rainer E. Gut.

Dieser hatte in der damals neu konstruierten Credit Suisse Group den Ex-McKinsey-Mann Lukas Mühlemann als CEO erkoren. Ackermann fand sich im Organigramm als designierter Chef der CS First Boston nur auf der zweiten Hierarchiestufe.

Der Enttäuschte zettelt daraufhin einen Machtkampf an. Joe Ackermann verlor und musste gehen. Mühlemann ist bekanntlich in der Zwischenzeit auch gegangen.

Karriereknick in Sicht?

Nun wäre er eigentlich ein noch einflussreicherer Banker als er es bei der CS je hätte werden können, heisst es in Deutschland. Doch die stromlinienförmige Karriere von Ackermann könnte nun in Turbulenzen geraten.

swissinfo, Urs Maurer

Fakten

Joe Ackermann gilt als erfolgreichster Schweizer Banker in Deutschland
Er ist einer der sechs von der Staatsanwaltschaft Angeklagten
Es geht um 180 Mio. Fr. Prämien bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone

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