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Der 1. August, in der ganzen Schweiz ein Fest

Gemeinsam auf der Dufourspitze: Wirtschaftsminister Joseph Deiss (links) und Giovanni Alemanno, italienischer Agrarminister, Keystone

Ansprachen, Feuer und Raketen: Die Schweizer Bevölkerung begeht den Nationalfeiertag. Bundesrat Joseph Deiss stieg dazu sogar auf 4634 Meter.

Dieser Inhalt wurde am 01. August 2005 publiziert Minuten

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, momentan in Kosovo, rief die Schweiz auf, sich mit anderen Ländern für Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen.

Bundesräte und Parteipräsidenten haben der Schweiz mit ihren Ansprachen zum 1. August ihre Rezepte für eine erfolgreiche Zukunft verschrieben. Die einen suchen das Heil in selbstbewusster Öffnung, die anderen in vorsichtiger Isolation.

In seiner am Montag-Mittag im Radio ausgestrahlten Ansprache stellte Bundespräsident Samuel Schmid vorab fest: "Der Schweiz geht es gut". Wenn geklagt werde, dann auf relativ hohem Niveau. Er verkenne aber weder die Alltagssorgen vieler Menschen noch die grossen politischen Herausforderungen, sagte Schmid.

Als Weg zur Lösung dieser Probleme nannte der Bundespräsident neben Leistungsbereitschaft und Selbstvertrauen die Öffnung der Schweiz. "Aussenpolitisch gehen wir den bilateralen Weg weiter", sagte er mit Blick auf die Abstimmung von 25. September.

Massive Störaktionen

Am Nachmittag hielt Schmid dann "live" die August-Rede an der traditionellen Feier auf der Rütliwiese am Vierwaldstättersee. Unter die 2000 Anwesenden mischten sich auch rund 700 Neonazis. Als Schmid Schlagworte wie Integration, Ausländer, bilateraler Weg oder die Abstimmung vom 25. September erwähnte, stimmten sie zum Teil minutenlange Hass-Sprechchöre an.

Darin wurde der Bundespräsident auch massiv persönlich beleidigt. Im Anschluss an die Rütlifeier zogen die Skinheads durch den Ort Brunnen, nationale und fremdenfeindliche Parolen skandierend. Die Polizei schritt nicht ein.

Zu einer Gegendemonstration kam es in Luzern, wo rund 800 Personen aus dem linken Lager auf die Strasse gingen. Die Kundgebung verlief friedlich, es kam laut Behörden aber zu Sprayereien.

Calmy-Rey: Abkapselung unverständlich

Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, die ihre Ansprache vor Swisscoy-Soldaten in Suva Reka im Kosovo hielt, bekannte sich wie ihr Kollege Schmid ebenfalls zu einer Öffnung des Landes: Die Forderung nach Abkapselung im Namen der Neutralität sei ihr unverständlich.

Verkehrs- und Umweltminister Moritz Leuenberger betonte in seiner Rede in Samedan laut Redetext, dass Heimat nicht durch Parolen der Abgrenzung entstehe. Vielmehr bilde sich die Schweizerische Identität durch sorgfältigen Umgang mit Kultur, Umwelt, der gemeinsamen Arbeit an der Lebensqualität und durch gegenseitigen Respekt.

In dieselbe Kerbe schlug Finanzminister Hans Rudolf Merz in seiner über Internet verbreiteten Rede: Der Erfolg des Landes hänge zwar auch von der Wirtschaft ab, der guten Infrastruktur und dem flexiblen Arbeitsmarkt. Ebenso wichtig seien aber der Arbeitsfrieden, Meinungsvielfalt und Respekt.

Blocher: Nie einbinden lassen

Vor einer zu starken Öffnung warnte hingegen der national-isolationistisch gesinnte Justizminister Christoph Blocher, der gleich in vier Gemeinden eine Ansprache hielt. Im friedlichen Nebeneinander mit andern Staaten gelte es Verträge abzuschliessen, wo dies nötig sei.

Doch nie dürfe sich die Schweiz einbinden lassen, schränkte Blocher ein. Wie die alten Eidgenossen müsse sie das Heft selber in die Hand nehmen.

In dünner Luft

Einen aussergewöhnlichen Auftritt am Nationalfeiertag hatte Volkwirtschaftsminister Joseph Deiss: Er bestieg zusammen mit dem italienischen Agrarminister erfolgreich die 4634 Meter hohe Dufourspitze in den Walliser Alpen.

Aber damit hatte Deiss sein beschwerliches Tageswerk noch nicht vollbracht: Nach der Rückkehr zu Tal und dem Ablegen der hochalpinen Kletterausrüstung hielt er am Montag Abend die offizielle August-Ansprache in Zermatt.

"Nur zusammen lassen sich Berge erfolgreich erklimmen", so Deiss laut Redetext. Es stimme daher nicht, dass der "Starke am mächtigsten allein ist", wie Wilhelm Tell gesagt habe. Im Gegenteil: "Der Starke wird durch die Zusammenarbeit noch stärker."

Abschottung und Einigelung bringe die Schweiz in der Welt nicht weiter. "Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass unser Land nicht ins Abseits gerät."

Parteispitzen

Eine "mutige Kehrtwende" forderte Ueli Maurer, Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP) in Vorderthal (Kanton Schwyz). Er bezeichnete das internationale Engagement der Schweiz als unnütz, lächerlich und gefährlich.

Nur ausserhalb der UNO und der Partnerschaft für den Frieden könnten Sicherheit und Wohlfahrt des Landes gewährleistet werden.

Nicht auf Lorbeeren ausruhen

Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnigen, geisselte den Rückgriff konservativer Kreise auf die Geschichte: "Wir laufen heute Gefahr, auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhend unsere Zukunft zu verschlafen", heisst es in seiner im Internet veröffentlichten Rede.

Hans-Jürg Fehr, Präsident der Sozialdemokraten, warnte vor Schein-Patrioten, auch im Internet. Echter Patriotismus habe wenig zu tun mit dem Schwingen von Fahnen, der Erinnerung an den Rütlischwur oder dem Singen des Schweizer Psalms. Patriotisch handeln heisse, solidarisch zu handeln, sagte Fehr.

Gegen falsche Propheten

Im aargauischen Fislisbach warb die Präsidentin der Christlichdemokraten, Doris Leuthard, für eine innovative, selbstbewusste und offene Schweiz. "Um die Chancen zu nutzen, braucht es neue Bündnisse", so Leuthard.

Zu Beginn ihrer Rede erteilte die Aargauer Nationalrätin den Gegnern der Personenfreizügigkeit eine Abfuhr. Sie warnte davor, jenen falschen Propheten zu glauben, die mit falschen Zahlen und Fakten Emotionen schüren wollten, um daraus elektoralen Gewinn zu erzielen.

Währschaftes auf dem Bauernhof

Gewohnt gemütlich ging es am "1.-August-Brunch auf dem Bauernhof"
zu und her. Rund 430 Bauernfamilien bewirteten dieses über Jahr 200'000
Gäste.

Bereits am Sonntagabend hatten rund 100'000 Menschen die
Bundesfeier am Rhein in Basel mit grossem Feuerwerk erlebt.

swissinfo und Agenturen

Fakten

Der Rütlischwur von Uri, Schwyz und Unterwalden von 1291 zum "Ewigen Bund" gilt als Geburtsstunde der Schweiz.
Seit 1891 ist der 1. August der Nationalfeiertag.
Offizieller Feiertag, also arbeitsfrei, ist der 1. August erst seit 1994.

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