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Das Buch: Ein Stück Heimat und Hilfe im Exil

Das Buch hat viele Namen. interbiblio.ch

Vom Bund als Brücke zwischen den Kulturen geschätzt, den Immigranten ein Stück Heimat: Die interkulturellen Bibliotheken in der Schweiz sind ein Erfolg.

Dieser Inhalt wurde am 04. Mai 2003 publiziert

Dennoch ist deren Existenz ständig bedroht. Es fehlt an finanziellen Mitteln.

Freitagnachmittag in der JuKiBu, der Bibliothek für fremdsprachige Kinder- und Jugendbücher in Basel. Eine Gruppe tamilischer Mütter und Kinder will die Bibliothek kennen lernen. Beim ersten Buch in Tamilisch lachen sie. Vieles ist bekannt, erinnert an die verlassene Heimat.

Es ist das Ziel der interkulturellen Bibliothek, Immigrantinnen und Immigranten durch Literatur ein Stück Heimat wieder zu geben und dadurch die Integration zu fördern. "Wer die eigene Identität stärkt, kann besser Neues aufnehmen", sagt Nelly Stark, Leiterin der JuKiBu.

Wie es begann...

Die erste interkulturelle Bibliothek wurde vor 15 Jahren in Renens gegründet, einem Industrievorort von Lausanne mit hohem Ausländeranteil. "Bücher halten die Erinnerung wach und helfen, die Muttersprache nicht zu vergessen", erklärt Elena Borio Sillig, Leiterin der Bibliothek in Renens.

Zudem entwickle sich die Sprachkompetenz bei Kindern besonders vorteilhaft, wenn die Erstsprache gut erlernt würde. "Es ist aber auch einfach ein Menschenrecht, Zugang zu Literatur in der eigenen Sprache zu haben", betont Ursina Gloor, Vereinspräsidentin der interkulturellen Bibliothek von Basel.

Professionelle Recherche, Unterstützung bei Problemen

Waren die ersten Bücher in Renens noch Mitbringsel aus den Ferien, so präsentieren sich die zehn Bibliotheken heute professionell und mit einem beeindruckenden Angebot, was mehr und mehr Besucher anzieht.

"Viele Immigranten und Immigrantinnen kommen aber auch einfach so zu uns", sagt Hassan Fawaz, Präsident des Dachverbandes der interkulturellen Bibliotheken der Schweiz, des Vereins "Bücher ohne Grenzen - Schweiz".

"Sie fragen uns um Rat, holen Informationen oder wollen sich einfach rasch etwas übersetzen lassen."

Fragen über das Schweizer Bildungssystem werden beispielsweise gestellt. Oder Erkundigungen über Arbeitsmöglichkeiten, Vorgehensweise bei Behörden oder über Rechte und Pflichten eines Flüchtlings eingeholt. "Sie haben keine Angst, uns zu fragen, weil wir keine offizielle Behörde sind," sagt Fawaz.

Knappe finanzielle Mittel

Trotz Erfolg fehlt es an finanziellen Mitteln. Die Bibliotheken, als Vereine organisiert, finanzieren sich allein durch Mitgliederbeiträge, Sponsoren oder Zuwendungen von Stiftungen. Einen jährlichen Beitrag erhält der Dachverband vom Bundesamt für Kultur (BAK).

Im letzten Jahr bezahlte das BAK 35'000 Franken. Die Ausgaben einer Bibliothek belaufen sich aber auf weitaus mehr: In Renens weist das Jahresbudget Ausgaben in der Höhe von 150'000 Franken auf, in Basel von 100'000.

Fast alle Mitarbeiterinnen in den Bibliotheken arbeiten freiwillig. "Man kann von Ausbeutung reden," sagt Ursina Gloor, "weil es wieder einmal ausländische Frauen sind, die unbezahlt arbeiten."

Der Arbeit fehle die finanzielle Anerkennung, und die Bereitschaft von Immigrantinnen zu ehrenamtlicher Arbeit werde schamlos ausgenutzt.

Ehrgeizige Pläne

Dennoch fehlt es nicht an Plänen. Der Buchbestand soll überall erweitert, die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert werden. "Wir müssen aktiver werden," wünscht sich Fawaz. "Vor allem möchten wir auch vermehrt, Schweizer und Schweizerinnen in unseren Bibliotheken begrüssen."

Für einen grossen Teil der Schweizer Bevölkerung sind die interkulturellen Bibliotheken Orte von und für Ausländer. Dass auch Einheimische dort ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrischen könnten, vergessen viele.

swissinfo, Carole Gürtler

Fakten

Bibliotheken in:
Basel (JuKiBu)
Bern (Zentrum 5)
Biel (Le Polyglotte)
Freiburg (Livrechange)
Genf (Livres du Monde)
Neuenburg (Bibliomonde)
Renens (Globlivres)
Sitten (Mondo Livres)
Thun (biblios)
Zürich (Kanzbi)

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In Kürze

Es gibt schweizweit bereits zehn interkulturelle Bibliotheken.

Sie verwalten 70'000 Bücher in 190 Sprachen und unterstützen Ausländer, sich hier leichter zu integrieren.

Der Dachverband der interkultuerellen Bibliotheken, der Verein "Bücher ohne Grenzen - Schweiz" erhielt 1994 von der UNESCO die Auszeichnung der "Weltdekade für kulturelle Entwicklung".

Immigranten vertrauen den Mitarbeitern, weil sie von keiner offiziellen Behörde sind.

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