Curlerinnen im Final - Curler nicht
Die Schweizer Curlerinnen haben sich mit einem 9:4-Sieg gegen die USA für den Final qualifiziert. Das Männer-Team verlor im Halbfinal gegen Norwegen.
Am Donnerstag spielen die Schweizerinnen gegen Grossbritannien. Da wird entschieden, ob die Schweiz eine weitere Olympia Gold- oder Silbermedaille gewinnen wird.
"Wir wollen Gold"
Die Halbfinals waren für Nadia Röthlisberger, Laurence Bidaud, Tanya Frei, Mirjam Ott und Luzia Ebnöther das erste grosse Ziel der Olympia-Expedition. "Klar, dass wir jetzt noch mehr wollen, wir wollen Gold", sagte Ebnöther, nachdem sich die Schweizerinnen und ihr Coach Marc Brügger minutenlang in der Armen gelegen waren.
Und weiter: "Wir haben vor diesem Halbfinal bereits ein bisschen träumen können. In der nächsten Nacht träumen wir weiter. Aber nur, bis der Final beginnt. Dann sind wir wieder mit voller Konzentration dabei."
Nerven bewahrt
Luzia Ebnöther trifft mit ihren Worten den Nagel auf den Kopf: In den entscheidenden Situationen wahrten die Bernerinnen im Unterschied zu den Amerikanerinnen Ruhe, Nerven und Sicherheit. US- Skip Kari Erickson dagegen liess sich durch die Erwartungshaltung des Publikums im "Ice Sheet" eher nervös machen als anspornen.
Sie hatte vor allem Mühe mit der eigenen Länge (Platzieren der Steine) und spielte einige wichtige Versuche zu lang, was den Schweizerinnen im 3. End einen und im 7. End gar zwei "gestohlene" Steine eintrug.
Den 6:4-Vorsprung nach diesem 7. End verwalteten die Bernerinnen mit dem Vorteil des letzten Steins geschickt. Im 9. End riskierten die Amerikanerinnen alles und kassierten prompt ein Dreierhaus, worauf sie aufgaben.
Die Schweizerinnen knüpften nicht ganz an die brillanten Leistungen der letzten Vorrundenspiele gegen Kanada und Deutschland an. In Anbetracht der grossen Bedeutung des Halbfinals war dies jedoch praktisch nicht möglich.
Aber auch gegen die USA war die Quote an geglückten Steinen mit 76 Prozent immer noch sehr gut. Und dies, obwohl die Partie vom 3. End weg beidseits offensiv geführt wurde - was es für die Spielerinnen generell viel schwieriger macht, auf gute persönliche Quoten zu kommen.
Gute Chancen
Der Final ist natürlich völlig offen, und wieder dürfte die Nervenstärke der Akteurinnen eine grosse Rolle spielen. Dennoch lässt sich sagen, dass die Chancen auf den Olympiasieg gegen Grossbritannien grösser sind, als sie es im Final gegen Kanada gewesen wären.
Nach einem 2. Platz an den EM 1998 in Flims erreichten die Schottinnen um Skip Rhona Martin auf internationalem Niveau nichts Zählbares mehr. Im "Head to Head" an grossen Meisterschaften führen die Bernerinnen 3:1. Die einzige Niederlage bezogen sie in Ogden in der Vorrunde - zu einem Zeitpunkt, als sie es sich nach einem Traumstart mit 5:0 Siegen erlauben konnten.
Grossbritannien erreichte die Halbfinals nur über zwei Tie-break- Partien gegen Rekordweltmeister Schweden und Deutschland. Im Halbfinal aber zeigten die Schottinnen ihrerseits eine tolle Leistung. Für die Kanadierinnen war das Ausscheiden eine riesige Enttäuschung; das Spiel um Bronze gegen die USA wird sie nicht trösten.
Grösster Erfolg für Frauencurling
Unabhängig vom Ausgang des Finals steht fest, dass die Bernerinnen in Ogden für den mit Abstand grössten Triumph des Schweizer Frauencurlings sorgen. Der Olympia-Final übertrifft bei weitem die beiden Weltmeistertitel, die überdies weit zurückliegen (1979 und 1983).
Seit 1984 stand auf Weltniveau nur ein einziges Mal ein Schweizer Frauenteam im Final: Bern AAM im besagten Jahr 2000. Für die Olympia-Premiere 1998 in Nagano war die Schweiz bei den Frauen wegen der mässigen Leistungen Mitte der Neunzigerjahre nicht einmal qualifiziert.
Verpasste Chance
Die Schweizer Männer-Curlingteam hat eine riesige Chance verpasst, wie die Schweizerinnen in den Final des Olympia-Turniers einziehen. Nach einer 6:7-Halbfinal-Niederlage nach Zusatzend gegen Norwegen spielen die Bieler nun am Freitag (17 Uhr Schweizer Zeit) gegen Welt- und Europameister Schweden. Im Final trifft Norwegen auf Topfavorit Kanada.
Der entscheidende letzte Stein von Skip Andreas Schwaller im Zusatzend wurde durch einen Dreckpartikel auf dem Eis aus der Bahn gebracht, so dass ein gültiger norwegischer Stein im Haus zurückblieb. Der gegnerische Stein sei etwa zu einem Drittel offen gelegen, aber schon nach drei oder vier Metern sei der eigene Spielstein auf diesen Dreck geraten, möglicherweise auf ein Besenhaar, bestätigte Schwaller nach der äusserst unglücklichen Niederlage.
Nach einer 6:3-Führung nach acht Ends hätte Schwaller auch bereits im 10. End (6:5) alles klar machen können, doch scheiterte er schon da mit einem praktisch identischen Take-out-Versuch. Bis dorthin hatten die Schweizer die Partie jederzeit unter Kontrolle.
Trotz der Niederlage erreicht für die Bieler eine lange Erfolgsgeschichte mit dem Spiel um Olympia-Bronze ihren Höhepunkt. Seit sie sich Ende 1998 zusammentaten, verpassten sie in keinem wichtigen Turnier die Halbfinals, und im vergangenen Jahr zeigten sie mit ihren zweiten Plätzen an den Welt- wie auch an den Europa-Meisterschaften, dass sie für Salt Lake City bestens gerüstet waren. Innerhalb des Olympia-Turniers zeigte ihre Formkurve nach einer anfänglichen 3:3-Bilanz in der Vorrunde nochmals nach oben.
swissinfo und Peter Lerch (si)

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