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CH/Tarmed: Finanzkontrolle kritisiert Abrechnungssystem der Ärzte

Dieser Inhalt wurde am 03. Dezember 2010 - 12:56 publiziert

Bern (awp/sda) - Der Ärztetarif Tarmed soll überarbeitet werden. Zu diesem Schluss kommt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in einem Bericht. Falls sich Ärzte und Krankenkassen nicht einigen könnten, solle der Bundesrat als Schiedsrichter eingesetzt werden.
Gemäss dem am Freitag freigegebenen Bericht stellt Tarmed nicht sicher, dass die Patienten so viel bezahlen, wie die Behandlung tatsächlich gekostet hat. So stelle die Tarifstruktur in gewissen Bereichen auf fehlende oder veraltete Berechnungsgrundlagen ab, bemängelt die EFK.
Ein Beispiel sei die Kapselendoskopie, sagte EFK-Vizedirektor Michel Huissoud am Freitag auf Anfrage. Weil sich die Ärzte und Krankenkassen nicht auf einen Tarif einigen könnten, existiere das Verfahren zur Untersuchung des Dünndarms nicht bei Tarmed. Wenn ein Arzt nun eine Kapselendoskopie durchführe, verrechne er einfach etwas anderes, das seiner Ansicht nach dem Aufwand entspreche.
Auch lege Tarmed beispielsweise Zeitvorgaben für ärztliche Leistungen unsystematisch fest. Ebenfalls mangelhaft ist gemäss EFK, dass Patienten die Arztrechnungen kaum nachvollziehen können. "Eine Garagistenrechnung ist leichter zu verstehen als eine Arztrechnung", kritisierte Huissoud. Patienten müssten künftig auf den Rechnungen ablesen können, wie lange eine Sitzung gedauert habe.
Tarmed ist eine gesamtschweizerisch einheitliche Tarifstruktur für ambulante Leistungen von Ärzten und Spitälern. Das System wurde 2004 nach Verhandlungen der verschiedenen Gesundheitsakteure eingeführt und löste die kantonal unterschiedlichen Tarife ab. Ziel war eine Verbesserung von Transparenz und Vergleichbarkeit der medizinischen Angebote.
Die Tarifstruktur unterliegt jedoch einem ständigen Änderungs- und Verbesserungsprozess. Sie wurde bereits mehrfach revidiert. Eine grundlegende Überarbeitung, das Revisionsprojekt Tarmed 2010, ist jedoch durch verschiedene Differenzen zwischen Krankenkassen und Ärzteschaft blockiert.
"Ein Zielkonflikt besteht zwischen der finanziellen Aufwertung der Grundversorger und der Kostenneutralität", schreibt die EFK. Die Überarbeitung von Tarmed müsse die Einkommensunterschiede zwischen medizinischen Grundversorgern und Spezialisten ausgleichen.
Da die Gesundheitskosten insgesamt nicht steigen sollten, müssten die steigenden Einkommen der Allgemeinpraktiker durch sinkende Einkommen der operativ tätigen Spezialärzte kompensiert werden.
Dieser Vorschlag stösst allerdings auf Widerstand der Spitäler und Ärzte. Die Mehrausgaben dürften nicht auf Kosten anderer Gesundheitsversorger kompensiert werden, schreibt etwa der Spitaldachverband H+. "Es braucht mehr Geld", sagte FMH-Präsident Jacques de Haller. Um die Hausärzte besser zu entschädigen, müssten die Krankenkassenprämien einmalig um rund 3 Prozent angehoben werden.
Davon wiederum wollen die Krankenkassen und die EFK nichts wissen. Falls sich die Tarifpartner nicht auf eine Revision einigen können, verlangt die EFK ein Durchgreifen des Bundesrats: Dieser solle vorläufige Tariflösungen durchsetzen. Dazu wäre eine Gesetzesänderung nötig.
Der Vorschlag stösst beim Krankenkassendachverband santésuisse auf offene Ohren: "Es braucht einen Schiedsrichter", sagte dessen Sprecherin Françoise Tschanz. FMH wie H+ weisen ein Eingreifen des Bundesrats allerdings entschieden zurück.
Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte möchte den Bericht nun mit Gesundheitsminister Didier Burkhalter diskutieren. Zudem lädt sie alle Beteiligten ein, auf der Basis des EFK-Papiers "konkrete und zielführende Reformvorschläge in die politische Diskussion einzubringen".
rt

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