CH/Steueraffäre: Daten-CD dürfte gutes Geschäft für Deutschland werden
Berlin (awp international) - Der umstrittene Kauf der Steuersünder-CD aus der Schweiz könnte für Deutschland zum Milliardengeschäft werden. Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, sagte der "Bild"- Zeitung (Samstag): "Für die erste CD mit 1'400 Datensätzen wurden 2,5 Mio EUR bezahlt - durch die Selbstanzeigen wird es aber zu Nachzahlungen im Umfang von schätzungsweise über 1 Mrd EUR kommen." Finanzbehörden bestätigten diese Schätzung nicht. Es sei zu früh, um über Einnahmen zu spekulieren.
Ondracek sagte, insgesamt hätten sich bereits rund 11'200 deutsche Anleger mit Schwarzgeld in der Schweiz selbst angezeigt. Derzeit lasse die Zahl der eingehenden Selbstanzeigen allerdings nach. In der vergangenen Woche kamen täglich 170 Selbstanzeigen dazu, in der Woche davor noch mehr als 700 am Tag. Die Bundesregierung und das Land Nordrhein-Westfalen hatten für 2,5 Mio EUR von einem Informanten eine CD mit Daten mutmasslicher Steuerhinterzieher bei einer Schweizer Grossbank gekauft.
Wie das Magazin "Focus" bei den Finanzministerien der Länder erfuhr, wurden die meisten Selbstanzeigen bislang in Baden- Württemberg registriert (2'966). In Hessen lagen rund 1'700 Selbstanzeigen von hessischen Bürgern mit Geld in der Schweiz vor. Allein hier summierten sich die unversteuerten Kapitalerträge nach Darstellung der Betroffenen auf rund 300 Mio EUR. Der hessische Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) sagte "Bild": "Mehr und mehr Steuersünder sehen ein, dass sie keine Chance haben, unentdeckt zu bleiben."
Nach den Worten Ondraceks soll der Ermittlungsdruck der Steuerfahndung künftig erhöht werden. Schon 2009 hätten Steuerfahnder in 2'400 Fällen Privathäuser durchsucht - 500 mehr als noch vor fünf Jahren. "Jeder soll wissen, dass es auch ihn treffen kann", sagte Ondracek dem "Focus".
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein Schweizer Amtskollege Hans-Rudolf Merz hatten am Freitag in Berlin ein neues Steuerabkommen zwischen beiden Ländern präsentiert. "Wir sind entschlossen, das Problem zu lösen", sagte Schäuble. Ungeklärt ist, ob der Fiskus an riesige Vermögen deutscher Alt-Anleger herankommt, die über Jahrzehnte unversteuertes Geld bei Schweizer Banken versteckt haben.
Nach Angaben Schäubles wird in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Schweizern nach Lösungen gesucht, wie dieses Schwarzgeld erfasst werden kann. Eine Amnestie (Straffreiheit) für diese Steuersünder lehnt Schäuble ab. Merz brachte eine Abgeltungssteuer ins Spiel, um die Altvermögen in Milliardenhöhe zu besteuern.
Noch nicht geklärt ist, wer zusätzlich angebotene Steuerdaten kauft, die dem Land Baden-Württemberg angeboten worden waren. Rheinland-Pfalz erhöhte den Druck auf Schäuble, eine Entscheidung zu treffen. "Die Diskussion um den Kauf dieser Daten muss endlich aufhören", denn sie schade dem Ansehen der Steuerverwaltung, sagte der Mainzer Finanzminister Carsten Kühl (SPD) dem "Spiegel". Baden- Württemberg hatte den Ankauf abgelehnt. Schäuble wollte daraufhin die Daten gemeinsam mit einem anderen Bundesland kaufen. Rheinland-Pfalz steht dafür bereit.
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