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CH/Ständerat für höheren Selbstbehalt bei freier Arztwahl

Dieser Inhalt wurde am 14. September 2011 - 12:12 publiziert

Bern (awp/sda) - Wer auch in Zukunft seinen Arzt frei wählen will, soll dafür einen höheren Selbstbehalt hinnehmen müssen als heute. Der Ständerat hat am Mittwoch dem Vorschlag zugestimmt, den Selbstbehalt für jene Versicherten von 10 auf 15% anzuheben, die sich nicht bei einem Managed-Care-Modell versichern lassen.
Bei solchen Versicherungsmodellen schliessen sich Leistungserbringer - etwa Hausärzte, Spezialärzte und Physiotherapeuten - zum Zweck der Koordination der medizinischen Versorgung zusammen. Die Gesundheitspolitiker erhoffen sich von diesen Modellen, bei denen die freie Arztwahl eingeschränkt wird, geringere Kosten bei einer höheren Behandlungsqualität.
Umstritten war in den eidgenössischen Räten vor allem, wie die Menschen überzeugt werden sollen, in ein solches Krankenversicherungsmodell zu wechseln. Heute sind bloss 10% aller Versicherten einem solchen Modell angeschlossen. Ziel von Gesundheitsminister Didier Burkhalter ist ein Anteil von 60%.
Die Frage war derart umstritten, dass Vertreter beider Räte nach drei Verhandlungsrunden in die Einigungskonferenz mussten, um eine Lösung zu finden. Der Ständerat hat deren Vorschläge nun mit 28 zu 9 Stimmen gutgeheissen.
Der Nationalrat wird erst nächste Woche entscheiden. Ob die grosse Kammer zustimmen wird, hängt nicht zuletzt von der SVP ab. Ihr Sozialpolitiker Toni Bortoluzzi (ZH) glaubt aber, dass der Grossteil seiner Fraktion zustimmen wird.
Gleichzeitig ist er davon überzeugt, dass Ärztekreise das Referendum ergreifen werden und es danach schwierig wird, die Volksabstimmung zu gewinnen. In der Ärztevereinigung FMH läuft dazu derzeit eine Urabstimmung. Das Resultat wird am 27. Septemenber bekanntgegeben. FMH-Präsident Jaques de Haller wollte keine Prognose wagen.
SP-Sozialpolitikerin Jacqueline Fehr ist indes überzeugt, dass es zum Referendum kommt. Die SP entscheide am 1. Oktober, ob sie es unterstützen wolle oder nicht. Lancieren werde ihre Partei das Referendum aber sicher nicht, sagte sie gegenüber Medienvertretern.
Die Vorlage bringe für die Patienten eine Mehrbelastung. Gleichzeitig würden die Versicherer nicht gezwungen, Managed-Care-Modelle anzubieten. Damit sei die Vorlage aus dem Gleichgewicht geraten.
Im Ständerat simmten Vertreter der SP, der Grünen sowie einzelne CVP-Vertreter deshalb gegen die Vorschläge der Einigungskonferenz. Sie hätten eine Variante bevorzugt, bei dem der Selbstbehalt für Managed-Care-Versicherte gesenkt worden wäre.
Dieser vom Ständerat ursprünglich aufgenommene Vorschlag - zur Debatte standen 5 oder 7,5% Selbstbehalt - fand im Nationalrat aber keine Unterstützung.
Dort argumentiert die bürgerliche Mehrheit, dass bei einem solchen positiven Anreizmodell die Krankenkassen belastet statt entlastet würden. Der Nationalrat wollte deshalb von Normalversicherten einen Selbstbehalt von 20% verlangen.
Der einzige positive Anreiz für den Wechsel in ein Managed-Care-Modell bleibt damit die Senkung der jährlichen Obergrenze des Selbstbehalts: Für Versicherte, die zu Managed Care wechseln, soll dieser statt 700 noch 500 CHF betragen. Der Bundesrat soll die Obergrenzen zudem der Teuerung anpassen können.
Mit diesem Zückerchen wollen die Räte vor allem Chronischkranke zum Wechsel bewegen. Denn gerade bei diesen Versicherten sollen Managed-Care-Modelle zu einer optimalen und damit kostengünstigeren Behandlung führen.
Bundesrat Burkhalter zeigte deshalb wenig Verständnis für die Haltung der Linken. Er verstehe nicht, wie ein dreiviertel volles Glas zurückgewiesen werden könne. Es handle sich um einen Kompromiss, der wirkliche Verbesserungen bringe, sagte er. Nicht vergessen werden dürfe zudem, dass mit dieser Vorlage der Risikoausgleich zwischen den Kassen verfeinert werde. Damit soll die Jagd nach guten Risiken erschwert werden.
Bis zuletzt umstritten war auch die Frage, ob alle Krankenversicherer solche Modelle anbieten müssen oder nicht. Die Einigungskonferenz hat sich nun dem Willen des Ständerats gebeugt und entschieden, dass die Versicherer vorerst nicht gezwungen werden sollen, solche Angebote zu machen.
Sie sollen drei Jahre Zeit haben, Angebote aufzubauen. Während dieser Zeit sollen die neuen Ansätze für den Selbstbehalt in der Regel noch nicht gelten. Sollte sich danach zeigen, dass es nicht schweizweit flächendeckend solche Angebote gibt, könnte der Bundesrat eine Angebotspflicht verhängen.
Weiter beschloss die Einigungskonferenz, dass Krankenversicherer künftig keine medizinischen Versorgungsnetze mehr führen und sich auch nicht finanziell an solchen beteiligen dürfen. Da viele heute bestehende Managed-Care-Modelle von Krankenkassen betrieben werden, soll eine fünfjährige Übergangsfrist erlauben, diese finanziellen Verbindungen aufzulösen.
tp

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