CH/Bahnnetz: SGB und SEV fordern gesicherte Finanzierung des Schienennetzes (AF)
(Ergänzt um Aussagen aus der Medienkonferenz)
Bern (awp/sda) - Der SGB und der SEV fordern genügend Geld für den weiteren Ausbau des Bahnnetzes und dessen Unterhalt. Um die bis 2030 nötigen 40 Mrd aufzubringen, schlagen sie vor, den FinöV-Fonds zu entschulden und weiterzuführen. Der Bund soll mit Anleihen einspringen.
Bürgerliche Politiker wollten angesichts der anstehenden Investitionen die Bahnbenutzer und -benutzerinnen stärker zur Kasse bitten, sagte Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), am Dienstag in Bern vor den Medien.
Für die Gewerkschaften seien Preiserhöhungen über die Anpassung an die Teuerung hinaus nicht tragbar. Ohne Halbtax-Abonnement wären Fahrkarten für den öffentlichen Verkehr für grosse Teile der Bevölkerung bereits unerschwinglich, hielt Rechsteiner fest.
Verkehrspolitisch wären teurere Billette zudem ein Eigentor. "Die Leute würden aus den öffentlichen Verkehrsmitteln vertrieben."
Laut Giorgio Tuti, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV), ist der Unterhalt des Schienennetzes sträflich vernachlässigt worden. Das habe das SBB-Netzaudit gezeigt. Längerfristig könne dieser Umstand verheerende Auswirkungen haben, und auch die Volkswirtschaft würde leiden.
Die Zahl der Langsamfahrstellen sei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, sagte Tuti. 2009 mussten die Lokführer an 34 Stellen im 3011 Kilometer umfassenden SBB-Netz bremsen. Gehe es im gleichen Tempo weiter, seien es 2016 100 Langsamfahrstellen. "Damit kann der Taktfahrplan nicht mehr eingehalten werden."
Wegen der "Kultur der andauernden Reorganisation" bei SBB-Infrastruktur sei Fachwissen verlorengegangen, kritisierte Tuti. Die SBB dürfe sich nicht von Dritten abhängig machen, sondern sollte dieses Know How innerhalb des Betriebes wieder aufbauen.
SGB und SEV fordern nun vom Bund, die 8 Mrd CHF Schulden des FinöV-Fonds zur Finanzierung von Eisenbahn-Grossprojekten zu erlassen und mit Anleihen einzuspringen. Zudem solle der FinöV-Fonds unbefristet weitergeführt werden.
Ebenfalls mit Anleihen könnten kurzfristige Investitionen von 5 Mrd CHF finanziert werden. Der Zinssatz für zehnjährige Bundesobligationen liege bei unter 1,5%, sagte Rechsteiner dazu. "Der Bund kann sich derzeit einmalig günstig und längerfristig ausserordentlich rentabel finanzieren."
Für Bahn 2030 verlangen SGB und SEV die "grosse" Variante mit Investitionen von 21 Mrd CHF. Nur unter dieser Voraussetzung könne die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene garantiert werden.
Der FinöV-Fonds sollte nach den Vorstellungen der Gewerkschaften mit neuem Zweck als Bahninfrastrukturfonds weitergeführt werden. Seine Finanzierungsquellen - Erträge aus Leistungsabhängiger Schwerverkehrsabgabe (LSVA), Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer - sollen beibehalten werden.
Zusätzlich sollen künftig mindestens 50% der gesamten Mineralölsteuern - jährlich rund 800 Mio CHF - in den Fonds fliessen. Dies sieht auch die Volksinitiative "für den öffentlichen Verkehr" vor, die der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und mehr als 20 Partnerorganisationen im Juni eingereicht haben.