CH/AKWs gemäss ENSI für Extrem-Hochwasser gewappnet (AF)
Brugg AG (awp/sda) - Die fünf Schweizer AKW sind gegen Extrem-Hochwasser gerüstet. Die Aufsichtsbehörde ENSI lässt das AKW Mühleberg jedoch erst wieder hochfahren, wenn laufende Nachrüstungen am Kühlsystem umgesetzt sind. Mühleberg erfüllt auch danach nur die Minimalanforderungen.
Die Atomkraftwerke Beznau I und II, Gösgen und Leibstadt haben den Hochwasser-Nachweis jeweils erbracht, wie Hans Wanner, Direktor des Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI), am Mittwoch vor den Medien in Brugg AG sagte.
Beim AKW Mühleberg gingen die Expertenmeinungen jedoch stark auseinander, wie Georg Schwarz, Leiter Anlagetechnik des ENSI, sagte. Knackpunkt sei die Frage gewesen, ob die Kühlwasserentnahme aus der Aare bei einem Hochwasser verstopft würde oder nicht.
Im Zweifelsfall sei das ENSI immer vom ungünstigen Fall ausgegangen. Für den Langzeitbetrieb von Mühleberg sei eine Lösung, bei der man sich ultima ratio auf mobile Pumpen abstütze, nicht optimal, hielt Schwarz fest.
Beim AKW Mühleberg werden derzeit drei zusätzliche Ansaugstutzen im Einlaufbauwerk - der Kühlwasserentnahme aus der Aare - eingebaut. Im Nachhinein zeigt sich, dass die BKW mit diesen Massnahmen offensichtlich einer Ausserbetriebnahme zuvorgekommen ist.
Das AKW Mühleberg darf gemäss ENSI erst wieder hochgefahren werden, wenn die laufenden Nachrüstungen umgesetzt und von der Aufsichtsbehörde abgenommen sind. Die BKW selber rechnet damit, dass das AKW spätestens Ende September wieder am Netz ist.
Das ENSI prüft nun den von der Betreiberin BKW als Alternative vorgeschlagenen Kompaktkühler, der im Notfall den Reaktor mit Luft kühlen soll. Die Aufsichtsbehörde hatte ein von der Flusswasserkühlung unabhängiges System gefordert.
Zudem nimmt das ENSI einen Bericht der des bernischen Energiekonzerns zu den Rissen im Kernmantel des Reaktors unter die Lupe. Dass an den Schweissnähten des Kernmantels Risse aufgetreten sind, ist seit 1990 bekannt. Die BKW liess 1996 Zuganker montieren.
Die BKW nahm die Bekanntgabe des ENSI am Mittwoch mit Befriedigung zur Kenntnis. Für die bernische Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) bleibt in einer ersten Reaktion hingegen eine Unsicherheit.
Für den Hochwasser-Nachweis mussten die AKW-Betreiber zeigen, dass sie die Reaktoren auch im Fall einer Überflutung des Geländes in einen sicheren Zustand überführen können. Dafür mussten sie mit einem Ausfall der Stromversorgung rechnen.
Die AKW müssen drei Tage nur mit Notsystemen und Dieselaggregaten stabil gehalten werden können. Zudem muss der Dosiswert für die Bevölkerung in der Umgebung deutlich kleiner als 100 Millisievert sein. Als Grundlage für die Berechnungen galt ein Hochwasser, wie es nur alle 10'000 Jahre vorkommt.
Die AKW-Betreiber haben die Gutachten selber erstellt und zusammengetragen. Das ENSI als Aufsichtsbehörde prüft ausschliesslich die eingegangenen Unterlagen. Die Nachweise sind eine direkte Konsequenz des schweren Störfalls im japanischen Fukushima.
Die AKW-Betreiber bleiben unter Druck. Bis Mitte September haben sie Fragen des EU-Stresstests zu beantworten. Bis Ende März 2012 müssen sie den Nachweis erbringen, dass sie einem Extrem-Erdbeben standhalten können.
Ebenfalls bis Ende März 2012 müssen die AKW-Betreiber zeigen, dass sie gegen ein Extrem-Erdbeben in Kombination mit einem durch das Beben verursachten Bruch eines Staudammes gewappnet sind. Das ENSI entscheidet erst nach diesen Nachweisen über die Langzeitbewilligung für das AKW Mühleberg.