Bundesrat Deiss: Schweiz ist reif für UNO - Beitritt
Die Schweiz ist reif für den Beitritt zur UNO: Diese Ansicht vertrat Aussenminister Joseph Deiss am Donnerstag (08.06.) in einer Rede vor der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik.
In den nächsten Wochen geht die UNO-Beitrittsfrage in die Vernehmlassung.
Es sei weder Zwängerei noch Missachtung des Volkswillens, wenn 14 Jahre nach der letzten Abstimmung die Diskussion um den UNO- Beitritt wieder eröffnet werde, sagte Bundesrat Deiss anlässlich der Generalversammlungen der Gesellschaft für Aussenpolitik und der Gesellschaft für Wilton Park.
Eine am 6. März eingereichte Volksinitiative verlangt den Beitritt zur UNO, eine 1998 verabschiedete parlamentarische Motion fordert den Bundesrat zur Vorbereitung des Beitritts auf. Geht es nach den Plänen des Bundesrats, soll spätestens 2003 abgestimmt werden.
Veränderte Welt, veränderte UNO
"Seit der letzten Volksabstimmung über den UNO-Beitritt im Jahr 1986 hat sich die Welt dramatisch gewandelt", sagte Deiss. Die Frage des "richtigen Zeitpunkts", wie sie derzeit in der Debatte um die Schweiz und die EU diskutiert werde, stelle sich bei der UNO gar nicht: "Diesmal hat die Zeit wirklich für uns gearbeitet."
So sei die UNO inzwischen eine universelle Organisation, in der nur noch der Vatikan und die Schweiz Nicht-Mitglieder seien. Sie sei seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr durch den Ost-West-Gegensatz blockiert und habe Reformen eingeleitet. "Die Ziele der UNO-Charta entsprechen den Zielen der schweizerischen Aussenpolitik", sagte Deiss, der Beitritt dränge sich auf.
Zudem habe die Schweiz die Zusammenarbeit mit der UNO intensiviert, sie nahm an Verhandlungen teil und habe mehr bezahlt: "Wir lassen uns die Mitarbeit jährlich zwischen 400 und 500 Millionen Franken kosten. Sollten uns die zusätzlichen 50- 60 Millionen, welche die Vollmitgliedschaft pro Jahr kosten würde, etwa zu teuer sein?"
Keine Frage der Neutralität
Der UNO-Beitritt tangiere nicht die Neutralität der Schweiz, sagte der Aussenminister gemäss Redetext weiter. Denn: "Neutralität bedeutet, in internationalen Konflikten die Parteien gleich zu behandeln." Und der UNO-Sicherheitsrat sei beauftragt, für die Einhaltung des Völkerrechts zu sorgen.
Für aussenpolitische Projekte scheine der richtige Zeitpunkt kaum je vorhanden zu sein. Mit Blick auf die derzeitige EU- Diskussion in der Schweiz zitierte Deiss den Schriftsteller Hugo Lötscher: "Wenn der liebe Gott Schweizer gewesen wäre, würde er heute noch auf den richtigen Moment warten, um die Welt zu erschaffen."
swissinfo und Agenturen

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