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Banken auf Konfrontationskurs mit EU und OECD

Die Schweiz soll kein alleiniger Musterschüler sein, sagt Bankiervereinigungs-Präsident Urs Roth. Keystone

Bankiervereinigungs-Chef Urs Roth wirft der EU vor, sie verschleppe die Umsetzung des Zinsbesteuerungs-Abkommens mit der Schweiz.

Dieser Inhalt wurde am 18. September 2003 publiziert Minuten

In ihrem Jahresbericht stellt die Schweizerische Bankiervereinigung zudem die Glaubwürdigkeit der OECD in Frage.

Urs Roth, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), ist über die Europäische Union (EU) erzürnt. Im Jahresbericht des Banken-Dachverbands wirft er Brüssel vor, das im Januar mit der Schweiz abgeschlossene Abkommen zur Zinsbesteuerung zu verschleppen.

"Für die Eurokraten in Brüssel war damit anscheinend die Sache erledigt, und die Koffer für die grossen Ferien wurden gepackt", schrieb Roth. "Weder ist der genaue Wortlaut des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU im Detail veröffentlicht, noch gibt es eine Unterschrift unter den Vertrag", so der oberste Schweizer Banker weiter. Damit könne der Bundesrat dem Parlament auch keine Vorlage unterbreiten.

Zeit wird knapp

"Diese Funkstille bewirkt, dass die Zeit bereits sehr knapp wird, will man den Steuerrückbehalt wirklich per 1. Januar 2005 einführen." Roth verwies in dem Zusammenhang auf einen "tiefen dreistelligen Millionenbetrag", den die Einführung der Quellensteuer seiner Branche schätzungsweise verursachen werde.

Die Schweizer Banken dagegen würden die Arbeiten zur Einführung der Quellensteuer für Guthaben von EU-Bürgern auf Schweizer Bankkonten auf vollen Touren vorantreiben.

Aufruf zur Subversion

Roth appellierte an die offizielle Schweiz, also auch an die Regierung, "sich nicht musterschülerhaft zu verhalten und dadurch Konkurrenz-Nachteile gegenüber dem Ausland in Kauf zu nehmen". Verlangt wird eine Opposition gegen Konzepte oder Entwürfe, die offensichtlich das demokratische Selbstbestimmungsrecht eines Staates ignorierten.

Im Jahresbericht der Bankiervereinigung kommt aber nicht nur die EU, sondern auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris Roths Kritik zu hören. Dies deshalb, weil die OECD die Steuerpraxis der Schweiz nach wie vor als "schädlich" einstuft und die Abschaffung des Schweizer Bankgeheimnis' verlangt.

Vor der eigenen Türe kehren

In einem eigenen Kapitel im Jahresbericht "Ist die OECD noch glaubwürdig?" werfen die Schweizer Banken der Organisation vor, sie argumentiere im Bereich der Besteuerung leider nicht mehr wissenschaftlich, sondern ausschliesslich politisch.

Dadurch habe die Glaubwürdigkeit der ganzen Organisation gelitten. "Die OECD wäre gut beraten, sich auf die Defizite einiger ihrer Mitgliedstaaten in der Umsetzung der bestehenden Bestimmungen zu konzentrieren", empfiehlt Roth an die Adresse der OECD.

Im Visier der Schweizer Banken steht namentlich das Fiskalkomitee der OECD. Dieses strebe die Aufhebung des Bankgeheimnisses in Steuersachen über die Einführung des automatischen Informationsaustausches an.

"Dass damit nicht nur die Privatsphäre von unbescholtenen Bankkunden verletzt, sondern erst noch ein überdimensionierter Beamtenstaat aufgebläht wird, scheint die 'Taxokraten' in Paris wenig zu kümmern", heisst es.

swissinfo und Agenturen

Fakten

Die Schweiz verblieb als einziger von 47 Staaten auf der OECD-Liste der Länder mit "schädlicher Steuerpraxis".
Dies wegen der kantonal und kommunal unterschiedlichen Besteuerung von Holdinggesellschaften und Briefkastenfirmen (Firmensitze).
Im Jahr 2000 hatte die OECD eine Liste veröffentlicht, auf der 47 Steuersysteme im OECD-Raum als potenziell schädlich bezeichnet wurden.

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