Annapolis: Zurückhaltung in der Schweizer Presse
Israelis und den Palästinenser müssen noch etliche Hindernisse überwinden, wenn sie sich bis Ende 2008 auf einen Friedensvertrag einigen wollen. – So lautet der Tenor in der Schweizer Presse.
Nach sieben Jahren Stillstand haben Israel und die Palästinenser am Dienstag die Wiederaufnahme von Friedenverhandlungen vereinbart. Sie sollen am 12. Dezember beginnen.
"Wendepunkt oder Show?" – fragt der Berner Bund auf der Frontseite. Nach Durchbruch von Annapolis am Dienstag sei "eine schöne Überraschung".
Gleichzeitig relativiert das Blatt und schreibt: "Die Erklärung, auf die sich Israels Premier Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geeinigt haben, ist allerdings nicht mehr als ein Stück Papier mit netten Absichtserklärungen."
US-Präsident George Bush habe zu den wirklichen Problemen, wie dem Status Jerusalems, den Flüchtlingen und den Siedlungen, kein Wort gesagt. "Niemand weiss, wie sich Bush und Rice den Weg zum Frieden vorstellen."
Ein Durchbruch sei die Vereinbarung noch nicht, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. "Doch immerhin kann man von einem Fortschritt sprechen."
Dass sieben Jahre nach dem gescheiterten Gipfel von Camp David und vier Jahre nach der Lancierung des Roadmap-Friedensplans ein neuer Anlauf zu Verhandlungen beschlossen worden ist, sei "mehr als die Pessimisten für das Annapolis-Treffen vorausgesagt haben".
Jerusalem Frage ausgeklammert
Im Kern jedoch hätten sich Abbas und Olmert neben dem Bekenntnis zu fortgesetzten Verhandlungen "lediglich darauf geeinigt, die im Rahmen der Roadmap im Frühjahr 2003 eingegangenen Verpflichtungen zügig umzusetzen",
Im Klartext bedeute das, dass gemäss der Phase I der Roadmap "die palästinensische Seite jede Art von terroristischer Gewalt bekämpfen muss. Israel müsse einen umfassenden Siedlungsstopp in den besetzten Gebieten durchsetzen und die sogenannten illegalen Aussenposten beseitigen. "Beide Seiten haben diese Pflichten bisher ignoriert."
Zweifel äussert die Zeitung, dass der bis Ende 2008 angestrebte Friedensvertrag zustande kommt. Es fehle eine Benennung der Kernfragen im Konflikt. "Offenkundig war Olmert nicht bereit, die in Israel heiss umstrittene Jerusalem-Frage als explizites Verhandlungsthema in die Annapolis-Erklärung aufzunehmen."
Fundamentale Entscheide nötig
Für die Basler Zeitung verbreitet sich im Nahen Osten "ein Hauch von Hoffnung". Frieden stehe wieder auf der internationalen Agenda. Nun müsse ein Umdenken stattfinden, sonst riskiere auch Annapolis, wie frühere Friedensbemühungen, zu scheitern. "Israel als Besetzungsmacht trägt dabei eine besondere Verantwortung."
Skeptisch beurteilt der Zürcher Tages Anzeiger die Vereinbarung. Olmert verlange bereits wieder ein Ende des Terrorismus. Das sei sein gutes Recht, "aber nur wenn er im selben Atemzug der Gewalt abschwört, die die Besatzung seit 40 Jahren den Palästinensern antut und die ein Vielfaches an Opfern gefordert hat".
Das anvisierte Ergebnis sei ohne fundamentale Entscheide nicht möglich. Und die müssten vor allem von Israel kommen. "Ohne ein Ende der Siedlungstätigkeit, eine geteilte Souveränität über Jerusalem und einen neuen Zugang zum Komplex Flüchtlinge ist ein Frieden nicht zu haben."
swissinfo, Andreas Keiser
ANNAPOLIS
Mit der Konferenz von Annapolis, die am Dienstag zu Ende ging, hat sich die USA seit dem Amtsantritt von Präsident George W. Bush zum ersten Mal mit Nachdruck mit dem Palästina-Konflikt befasst.
Nach sieben Jahren Stillstand hatten Olmert und Abbas bei der Konferenz die Wiederaufnahme von Friedens-Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern vereinbart.
Sie sollen am 12. Dezember beginnen. Bis Ende kommenden Jahres soll ein Abkommen für eine Zwei-Staaten-Regelung geschlossen werden.

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