Zürcher Historiker Roger Sablonier gestorben
Zürich - Zwar war er Mittelalter-Spezialist - einem breiteren Publikum bekannt wurde er aber durch seine Aufarbeitung der Pro-Juventute-Aktion "Kinder der Landstrasse": Der Zürcher Historiker Roger Sablonier ist 69-jährig überraschend gestorben.
Sablonier war 2006 als Professor an der Universität Zürich in den Ruhestand getreten, wie die Uni in ihrer in Todesanzeige vom Freitag in der "Neuen Zürcher Zeitung" ("NZZ") schreibt. Ab 1979 war er als ausserordentlicher, ab 1984 als ordentlicher Professor tätig gewesen.
Als Mittelalter-Spezialist profilierte sich Sablonier durch seine unverstellte Sicht auf jene Zeiten: Immer wieder widersprach er den mythenbeladenen Überlieferungen zur Schweizer Geschichte um 1300, zuletzt in seinem 2008 erschienen Buch "Gründungszeit ohne Eidgenossen".
Aber nicht nur die weit entfernte Vergangenheit interessierte Sablonier, sondern auch jene der jüngeren Zeit. Im Auftrag des Bundes erarbeitete er eine historische Studie über ein besonders dunkles Stück Schweizer Geschichte: die Pro-Juventute-Aktion "Kinder der Landstrasse". Das Interesse an diesem Thema hatte auch persönliche Gründe: Sabloniers Vater war selbst Jenischer.
Im Rahmen der Aktion waren 1926 bis 1972 mehr als 600 Kinder ihren fahrenden Eltern weggenommen worden. Damit wollte man das "Vagantenübel" bekämpfen. Die Studie spricht von einer eigentlichen Verfolgung einer Minderheit, von einem Modellfall der Diskriminierung. Sie löste landesweit Erschütterung aus.
Roger Sablonier wurde am 16. April 1941 in Uster ZH geboren. Er studierte in Zürich, Paris und Barcelona. Ab 1972 war er an der Uni Zürich tätig, wo er 1977 habilitierte. Am vergangenen Dienstag starb er unerwartet an einem Herzversagen, wie aus der Todesanzeige der Familie hervorgeht.