UNO-Tribunal wirft Kosovos Ex-Regierungschef Mord und Folter vor
Vor dem UNO-Tribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag hat am Donnerstag ein Wiederaufnahmeverfahren gegen den ehemaligen kosovarischen Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj begonnen. Dem 43-Jährigen werden Morde und Folter vorgeworfen.
Die Verbrechen seien "ohne Ansehen der Volkszugehörigkeit" an Serben und kosovarischen Roma begangen worden, sagte Ankläger Paul Rogers. Während des Krieges in den Jahren 1998 und 1999 seien neben "berechtigter Gewalt" auch "rechtswidrige Mittel" eingesetzt worden.
Haradinaj und zwei weitere Angeklagte verfolgten die Anklageerhebung äusserlich ungerührt. Haradinaj war in einem ersten Verfahren im April 2008 freigesprochen worden. Bereits damals waren ihm Morde, Misshandlungen und Vergewaltigungen an serbischen und albanischen Zivilisten vorgeworfen worden.
Neuauflage angeordnet
Viele potenzielle Zeugen verweigerten aus Angst jedoch die Aussage, andere beklagten sich über Einschüchterungsversuche. Die Anklage argumentierte daraufhin, sie habe in dem ersten Verfahren nicht alle Beweise vorlegen können. Das Tribunal ordnete schliesslich erstmals in seiner Geschichte die Neuauflage eines Prozesses an.
Wegen der mutmasslichen Verbrechen sehen sich Haradinaj und sein 39 Jahre alter Mitangeklagter Idriz Balaj mit sechs Anklagepunkten konfrontiert. Balaj war während des Kriegs Chef der berüchtigten Sondereinheit Schwarze Adler und wurde im Jahr 2008 wie Haradinaj freigesprochen.
Gegen den dritten Angeklagten Lahi Brahimaj liegen vier Anklagepunkte vor. Der 41-jährige ehemalige Anführer der Kosovarischen Befreiungsarmee führte während des Kriegs ein berüchtigtes Gefangenenlager und wurde in einem ersten Prozess zu sechs Jahren Haft verurteilt.