Regulierung der Kinderbetreuung auch im zweiten Anlauf umstritten
Bern - Die Reaktionen auf die überarbeitete bundesrätliche Verordnung zur Fremdbetreuung von Kindern fallen von links bis rechts negativ aus. Dabei hat die Regierung die Bewillgungspflicht für Verwandte und enge Freunde nach der Kritik an der ersten Version aufgehoben.
"Hütet eine Tante ihre Nichte regelmässig über das Wochenende, muss sie dafür eine Bewilligung einholen": Dieses Szenario liess die Parteien im Jahr 2009 gegen die erste Verordnung zur Regulierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung (PAVO) Sturm laufen.
Der Bundesrat reagierte mit einer überarbeiteten Version, welche die Eigenverantwortung der Eltern stärken sollte. Bewilligungspflichtig wäre eine Tagesbetreuung demnach nur noch, wenn die Person den Eltern des Kindes nicht nahe steht und überdies für die Leistung bezahlt wird. Die Vernehmlassungsfrist zur Vorlage endete am Montag.
Bürgerliche: Vorlage geht zu weitFür die bürgerlichen Parteien greift die Verordnung nach wie vor zu stark in die elterliche Erziehungshoheit ein. So kritisiert die FDP, dass für Tages- und Pflegeeltern dieselben Anforderungen gelten. Erstere sollen gar keine Bewilligung brauchen.
Weiter stossen sich die Liberalen an der Formulierung "nahestehende Personen". Es bestehe die Gefahr von behördlicher Willkür.
Auch die CVP kritisiert in ihrer Vernehmlassungsantwort die komplizierten Ausnahmeregelungen. Die Betreuung durch Familienmitglieder, Nachbarn oder Bekannte soll nach dem Willen der Partei gänzlich von einer Regulierung befreit werden - auch wenn dafür bezahlt wird.
Neben der Nähe zur Betreuungsperson macht die Verordnung eine Bewilligungspflicht am Umfang der Betreuung fest. Eine Lizenz braucht, wer ausserfamiliär ein Kind unter 16 Jahren während mehr als 10 Stunden pro Woche und 12 Wochen pro Jahr beaufsichtigt.
Hütet die Nachbarin ein Kind während zwei Nachmittagen in der Woche und gegen ein Entgeld, braucht sie demnach eine Bewilligung.
Für die SVP werden so "spontane Lösungen unter dem Deckmantel des Kinderwohls verunmöglicht". Die Eltern würden entmündigt, wenn ihnen die Wahl einer geeigneten Betreuungspersonen nicht zugetraut werde.
Fachstellen: Regeln zu laschDie Regelung, wonach nur noch bezahlte Tageseltern über eine Bewilligung verfügen müssen, geht den Fachstellen zu wenig weit.
"Kriterium für die Bewilligung sollte nicht sein, ob der Dienst bezahlt ist oder nicht", schreibt zum Beispiel die Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ). Nach ihr müsste die Vollzeitbetreuung - sprich die Betreuung durch Pflegeeltern - auch für Verwandte bewilligungspflichtig sein.