Puppenspiel bei wild lebenden Schimpansenmädchen beobachtet
Berlin - Jungs spielen mit Autos, Mädchen mit Puppen. Seit Jahren streiten Forscher darüber, ob solche Vorlieben angeboren oder anerzogen sind. Erstmals im Tierreich wollen US-Biologen nun eine einfache Form von Puppenspiel bei wild lebenden Schimpansenmädchen beobachtet haben.
Die weibliche Jungtiere bemuttern kleine Holzstöcke ähnlich wie Babys. Dies geschehe offenbar um sich auf ihre spätere Mutterrolle vorzubereiten, schrieben Sonya Kahlenberg vom Bates College im Bundesstaat Maine und Richard Wrangham von der Harvard University in der Zeitschrift "Current Biology",
Schon bei gefangenen Schimpansenkindern hatten Wissenschafter geschlechtstypische Rollenmuster beobachtet: Vor die Wahl gestellt, spielten Jungs lieber mit Autos, während weibliche Jungtiere Puppen bevorzugten.
Nun berichtet Richard Wrangham der Universität Harvard von ähnlichem Verhalten einer wild lebenden Schimpansengruppe im Kibale Nationalpark in Uganda.
Die etwa 50 Affen der Kanyawara-Sippe nutzen Stöcke zu vier verschiedenen Zwecken: als Waffen, als Werkzeug etwa um in Löchern nach Honig oder Insekten zu stochern, zum Spielen oder einfach nur zum Umhertragen.
Gerade dieses Mitführen ohne offensichtlichen Grund stellt mit einem Anteil von fast 40 Prozent den häufigsten Grund für den Stockgebrauch.
Zum ersten Mal beobachtetIm Lauf der 14-jährigen Beobachtung keimte bei den Forschern der Verdacht, dass weibliche Jungtiere häufiger Äste oder Baumrindenstücke umhertragen als gleichaltrige Männchen. Eine Zählung bestätigte die Vermutung.
Schimpansenmädchen nahmen ihre Stöcke demnach oft mit ins Lager und spielten mit ihnen auf eine Art, die an mütterliches Verhalten erinnerte. Ob dies auch bei anderen Schimpansengruppen vorkommt, wissen die Forscher nicht.
Auffällig ist, dass solche Mutterspiele noch nie beobachtet wurden, obwohl diese Affen seit Jahrzehnten unter intensiver wissenschaftlicher Beobachtung stehen. "Das lässt uns vermuten, dass Stocktragen eine soziale Tradition ist, die nur in unserer Gemeinschaft entstanden ist, aber nicht in anderen", sagt Wrangham.