Italienische Häftlinge treten wegen Überbelegung in Hungerstreik
In den italienischen Gefängnissen sind diese Woche 2000 Häftlinge in einen Hungerstreik getreten. Sie fordern bessere Haftbedingungen und Massnahmen gegen die chronische Überbelegung in den Anstalten. Dem Protest schlossen sich auch einige Parlamentarier der Opposition sowie Leiter und Wärter von Gefängnissen an.
Die Insassen wollen Amnestie für leichtere Verbrechen und eine häufigere Anwendung des Hausarrests, um die Strafanstalten zu entlasten. Gefordert wird ausserdem, dass Rauschgiftsüchtigen, die derzeit Haftstrafen erhalten, Plätze in Entziehungszentren zur Verfügung gestellt werden.
Die Lage in den Gefängnissen sei unerträglich geworden, berichtete der Gewerkschaftsverband der Wachebeamten. Seit Jahresbeginn hätten sich 38 Inhaftierte das Leben genommen. Über 600 Häftlinge unternahmen demnach einen Selbstmordversuch. 305 Fälle von Gewalt und Angriffen auf Wachebeamte wurden gemeldet.
Wegen Personalkürzungen in den Gefängnissen sei die Lage besonders gefährlich geworden, so die Gewerkschaften. Sie bemängeln, dass wegen der Einsparungen der Regierung Berlusconi die Zahl der Aufseher unzureichend sei. Unter dem Druck des Sparpakets würden bis 2013 insgesamt 3000 Aufseherstellen in den Gefängnissen gestrichen.
Italiens Präsident Giorgio Napolitano erklärte, dass die Gefängnisproblematik in Italien Priorität haben müsse. Justizminister Nitto Palma schloss eine Amnestie aus, um die Strafanstalten zu entlasten. Die Regierung werde sich jedoch bemühen, verstärkt alternative Strafmassnahmen zur Haft zu fördern.
Laut Statistik des Justizministeriums sitzen derzeit 66'942 Häftlinge in den 207 italienischen Strafanstalten, die nur für 45'681 Personen ausgelegt sind. Laut einem Plan der Regierung Berlusconi sollen bis 2013 elf neue Strafanstalten gebaut werden. Dadurch sollen 9150 neue Plätze entstehen.