AKTIEN FRANKFURT/Schluss: Dax schlägt Erholungskurs ein
FRANKFURT (awp international) - Der Dax hat am Dienstag einen Erholungskurs eingeschlagen und erstmals nach fünf Handelstagen mit Verlusten wieder zugelegt. Die Stimmung blieb aber weiter recht nervös und der Markt folglich stark schwankungsanfällig. Gegenläufige Konjunkturdaten sowie Aussagen des ehemaligen US-Notenbankchefs Alan Greenspan und von der US-Einlagensicherung schlugen sofort auf die Aktienkurse durch. Mit plus 1,07 Prozent auf 5.532,38 Punkten ging der deutsche Leitindex aus dem Tag, nachdem er am Morgen noch um rund 3 Prozent bis auf 5.636 Punkte gestiegen war und am Nachmittag zeitweise Verluste verbucht hatte. Der MDax stieg um 0,63 Prozent auf 8.477,85 Punkte und der TecDax gewann 1,62 Prozent auf 702,18 Punkte.
"Bei eher geringen Umsätzen waren erneut deutliche Marktschwankungen feststellbar", kommentierte Marktanalyst Gregor Kuhn von IG Markets das Auf und Ab im Dax und verwies darauf, dass die Schwankungsbreite derzeit innerhalb eines Intervalls von knapp 185 Punkten liege. "Die Intensität der Kursausschläge ist letztlich ein Gradmesser für die Nervosität unter privaten Anlegern und institutionellen Investoren. Sie ist weiterhin sehr ausgeprägt, was durchaus nachvollziehbar ist."
DEUTSCHE TELEKOM NACH ANALYSTENKOMMENTAREN AN DAX-SPITZE
Positiv ausgefallene Einkaufsmanagerindizes aus Deutschland und China standen einem enttäuschenden ZEW-Index gegenüber, der die Konjunkturzuversicht deutscher Finanzexperten misst. Greenspan verunsicherte anschliessend den Markt mit seiner Einschätzung, dass der Euro auseinanderbrechen und sein Ende Schwierigkeiten hervorrufen werde, bevor dann wieder Auftrieb kam, nachdem die US-Einlagensicherung FDIC bekannt gab, dass die Liste der US-Problembanken erstmals seit 2006 wieder kürzer geworden sei.
Kursrelevante Nachrichten zu Einzelwerten fehlten erneut weitgehend. Die Papiere der Deutschen Telekom führten die Erholungsbewegung im Börsenbarometer an. Mehrere Analystenkommentare liessen die T-Aktien um 4,77 Prozent auf 9,559 Euro und damit an die Dax-Spitze steigen. So hatten sich die britische Bank Barclays und die US-Investmentbank Jefferies laut Händlern positiv zur Telekom geäussert. Die zur Credit Agricole gehörende Investmentsparte Cheuvreux nahm die Aktie ausserdem in ihre "Selected List" auf. Im derzeitigen Marktumfeld bevorzuge er sichere und defensive Sektoren wie die Telekombranche, hatte Cheuvreux-Analyst Peter Kurt Nielsen argumentiert. Deutschland zähle dabei zu den stabilsten Märkten, und daher sei das Papier der Deutschen Telekom seine favorisierte Aktie innerhalb der Branche.
Aktien der Autobauer zählten ebenfalls zu den grössten Favoriten. Die BMW-Aktien stiegen um 2,56 Prozent auf 51,37 Euro und die von Daimler um 0,90 Prozent auf 34,265 Euro. Die VW-Vorzüge gewannen 2,55 Prozent auf 104,40 Euro und profitierten unter anderem davon, dass sie als heisser Kandidat für eine Aufnahme in den EuroStoxx 50 im September gehandelt werden.
DEUTSCHE BÖRSE AM DAX-ENDE - ABSTIEGSKANDIDAT BEIM EUROSTOXX 50
Die Aktien der Deutschen Börse und der Lufthansa hingegen wurden abgestraft. So büssten die Titel des Frankfurter Marktbetreibers am Dax-Ende 2,60 Prozent auf 37,300 Euro ein. Sie gelten unter Index-Experten als Abstiegskandidat aus dem Leitindex der Eurozone. "Da der EuroStoxx 50 sehr stark von passiven Fonds abgebildet wird und die Aktien hier weniger liquide sind als etwa im Stoxx Europe 50, haben Änderungen in diesem Index in der Regel eine deutliche Auswirkung auf die betroffenen Aktien", sagte ein Händler. "Daher wundert es nicht, wenn Anleger in Erwartung eines baldigen Drucks auf die Deutsche-Börse-Papiere diese zurzeit verkaufen." Umstellungen der Indizes lösen in der Folge meist deutliche Kursbewegungen aus, da Index-abbildende Fonds ihre Portfolios den veränderten Index-Zusammensetzungen anpassen müssen.
Die Anteilsscheine der Lufthansa wurden von einer Abstufung der Deutschen Bank belastet und sanken um 1,90 Prozent auf 10,600 Euro. Analyst Michael Kuhn senkte sein Votum von "Buy" auf "Hold" und begründete dies mit den Konjunkturrisiken, die nur teilweise durch den niedriger als erwarteten Ölpreis kompensiert würden.
AUCH GEWINNE IN EUROPA UND USA
Aktien aus dem Sektor der Erneuerbaren Energien reagierten positiv auf eine Branchenstudie von Goldman Sachs . Im TecDax gewannen die Papiere von Centrotherm knapp sechs Prozent. Im schwankungsanfälligen Solarsektor schätzt die US-Bank die relativ hohen Erträge und die starke industrielle Ausrichtung des Unternehmens und empfiehlt die Papiere nun zum Kauf. Dies gelte genauso für Wacker Chemie aus dem MDax, hiess es. Diese Papiere legten um etwas mehr als drei Prozent zu.
Der EuroStoxx 50 ging mit einem Plus von 0,69 Prozent auf 2.199,98 Punkten aus dem Handel. In Paris und London legten die Leitbörsen ebenfalls zu. In den USA stieg der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss um knapp zwei Prozent, die Nasdaq-Indizes legten noch deutlicher zu.
Am deutschen Rentenmarkt stieg die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere auf 1,93 (Montag: 1,91) Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,16 Prozent auf 129,05 Punkte. Der Bund Future gab um 0,06 Prozent auf 135,10 Punkte nach. Der Kurs des Euro stieg: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,4462 (Montag: 1,4413) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,6915 (0,6938) Euro./ck/he