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Ackermann muss wieder vor Gericht

Josef Ackermann ist seit 2002 Chef der Deutschen Bank. Keystone

Der Schweizer Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, muss wegen millionenschwerer Zahlungen an Mannesmann-Führungskräfte erneut vor Gericht.

Dieser Inhalt wurde am 21. Dezember 2005 publiziert

Der deutsche Bundesgerichtshof urteilte, dass die Freisprüche des Landgerichts Düsseldorf vom Juli 2004 noch einmal überprüft werden müssen.

Mit Ausnahme einer bestimmten Bonuszahlung werde das Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben und zur neuen Entscheidung zurückgewiesen, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf am Mittwoch in Karlsruhe.

Er bemerkte, beim Urteil des Landgerichts Düsseldorf gebe es "wenige, aber freilich entscheidende Punkte", in denen das Urteil der Rechtslage nicht entsprochen habe.

Für den Fall einer erneut langen Verfahrensdauer wird im Umfeld der Deutschen Bank ein Rücktritt Ackermanns bereits nicht mehr ausgeschlossen. Ein Sprecher der Deutschen Bank wollte sich zunächst nicht zu dem Urteil äussern.

Der Fall wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) zur kompletten Neuverhandlung an eine andere Strafkammer des Düsseldorfer Landgerichts zurück verwiesen.

Bereits Ende Oktober hatten sich die Anzeichen verdichtet, dass die Richter den Freispruch Ackermanns und fünf weiterer Angeklagter aufheben und den Fall an das Landgericht Düsseldorf zurückverweisen könnten.

Unsicherer Ausgang

Ackermann und Mit-Angeklagte wie der Ex-Mannesmann-Vorstand Klaus Esser oder die damaligen Aufsichtsratsmitglieder Klaus Zwickel und Joachim Funk müssen nun womöglich wieder monatelang die Anklagebank drücken.

Bereits Ende Oktober hatte der Vorsitzende BGH-Richter, Klaus Tolksdorf, in einer mündlichen Verhandlung die Leitlinien der Entscheidung angedeutet.

Es müsse darüber nachgedacht werden, ob die im Zuge des Verkaufs von Mannesmann an den britischen Mobilfunkriesen Vodafone nachträglich gewährten Prämien in Höhe von 57 Millionen Euro nichts weiter als "Geschenke waren, welche die Angeklagten nicht hätten verteilen dürfen", unterstrich Tolksdorf.

Ackermann unter Druck

Das könnte den bereits angeschlagenen Ackermann weiter in die Bredouille bringen. In die Kritik kam er Anfang des Jahres, als er trotz eines Milliardengewinns den Abbau von 6400 Arbeitsplätzen bei der Deutschen Bank ankündigte.

Die guten Nachrichten über ein Rekordergebnis im dritten Quartal machte nun der Wirbel um die vorübergehende Schliessung eines Immobilienfonds der Unternehmenstochter DB Real Estate zunichte.

Erst nach massiver Empörung erklärte sich Ackermann bereit, all jenen Anlegern zu helfen, die in der jüngeren Vergangenheit in den Fonds investiert hatten.

Tritt Ackermann zurück?

In der Deutschen Bank wird bereits mehr oder weniger offen über eine Nachfolge von Ackermann nachgedacht. Nachdem nun der BGH eine Neuauflage des Verfahrens angeordnet hat, ist es denkbar, dass dieser seinen Hut bald nimmt.

In dem damals weltweit Aufsehen erregenden Prozess musste das Düsseldorfer Gericht prüfen, ob Manager wie Esser oder dessen Vorgänger Joachim Funk wegen ihrer Verdienste bei der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone Anspruch auf nachträgliche Prämienzahlungen hatten.

Was Esser als Leistungsprämie für die von ihm erreichte Wertsteigerung des Konzerns bezeichnete, ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft und womöglich auch aus der des BGH nichts als ein Geschenk.

Der Aufsichtsrat, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Gerhard Altvater, habe "fremdes Geld" verteilt und damit die "Verletzung einer Vermögensbetreuung" begangen, da Mannesmann aus dem Abfluss der Gelder keinerlei Vorteil hatte.

Fehlende Einsicht

In dem halbjährigen Strafprozess hatte das Düsseldorfer Landgericht in diesem Verhalten zwar auch einen Verstoss gegen das Aktiengesetz gesehen. Es vermochte aber bei dem Banken-Chef Ackermann oder Zwickel gleichwohl keine "gravierende Pflichtverletzung" feststellen.

Begründung: Ihnen habe die Einsicht gefehlt, Unrecht zu tun. Bundesanwalt Altvater kritisierte im Revisionsverfahren hingegen die Annahme als "lebensfremd", Ackermann & Co. hätten gedacht, über fremdes Vermögen verfügen zu dürfen.

swissinfo und Agenturen

In Kürze

Josef Ackermann ist 57 Jahre alt und Sprecher des Vorstands (Chef) der Deutschen Bank.

Der Prozess in Düsseldorf drehte sich um Zahlungen bei der unfreundlichen Übernahme des deutschen Mannesmann-Konzerns durch die britische Vodafone.

Ackermann war zusammen mit fünf weiteren Beschuldigten angeklagt, die Übernahme dazu genutzt zu haben, Managern und Ex-Vorständen von Mannesmann Abfindungen in Höhe von rund 57 Mio. Euro zuzuschieben.

Der Prozess in Düsseldorf war im Juli 2004 mit Freisprüchen für sämtliche Angeklagten abgeschlossen worden.

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Fakten

Dr. Josef Meinrad Ackermann ist am 7. Februar 1948 in Mels im Kanton St. Gallen geboren.
1973 schloss er sein Studium in der Fachrichtung Bankwirtschaft ab.
1977 stieg er in der Grossbank Credit Suisse (damals Schweizerische Kreditanstalt, SKA) ein.
1993 bis 1996 leitete Ackermann die Schweizer Grossbank.
Am 22. Mai 2002 wurde er zum Chef der Deutschen Bank gewählt – als erster Ausländer in der Geschichte der 1870 gegründeten Bank.

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