Abtreibungspille RU 486: Erste Erfahrungen werden als positiv beurteilt
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch ohne operativen Eingriff wird seit rund drei Monaten auch in der Schweiz durchgeführt. Ärztinnen und Ärzte bezeichnen die ersten Erfahrungen mit RU 486 als positiv.
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch ohne operativen Eingriff wird seit rund drei Monaten auch in der Schweiz durchgeführt. Ärztinnen und Ärzte bezeichnen die ersten Erfahrungen mit RU 486 als positiv.
Gegen 12'000 Frauen unterziehen sich in der Schweiz jährlich einem Schwangerschaftsabbruch. Nicht für alle kommt die Abtreibungspille in Frage, da sie spätestens bis zum 49. Tag der Schwangerschaft - berechnet vom ersten Tag der letzten Menstruation - eingenommen werden muss. Operative Eingriffe sind üblicherweise bis zur zwölften Woche möglich.
Bisher wurden von Spitälern rund 500 Abtreibungspillen RU 486 bei der Vertriebsfirma Cosan bestellt. Viele Frauen interessierten sich für einen Schwangerschaftsabbruch mit Mifegyne, erklärtenSpitalärzte auf Anfrage. Die bisherigen Erfahrungen seien positiv.
Bisher einige Fälle pro Spital
In der Berner Frauenklinik des Inselspitals wurde die Pille nach Auskunft des Chefarztes Gynäkologie, Ekkehard Dreher, bis Mitte Januar 2000 in elf Fällen verabreicht. In der Zürcher Universitäts- Frauenklinik werden zur Zeit zwei bis drei von insgesamt zehn bis zwölf Schwangerschaftsabbrüchen pro Woche medikamentös durchgeführt. Auch in Basel und Lausanne ist RU 486 in einigen Fällen angewendet worden.
Gesamtschweizerisch werden gegenwärtig rund zehn Prozent der gesetzlichen Schwangerschaftsabbrüche mit Mifegyne durchgeführt. Die weitere Entwicklung schätzen die Fachpersonen unterschiedlich ein. Während man in Bern annimmt, dass das Verhältnis in etwa so bleiben wird, geht die Oberärztin Gynäkologie des Frauenspitals Basel, Angelika Schwendke, davon aus, dass längerfristig zwanzig Prozent der Schwangerschaftsabbrüche medikamentös durchgeführt werden.
Abwägen der Vor- und Nachteile
Angesichts der verschiedenen Methoden und der Wahlmöglichkeit ist die individuelle Beratung besonders wichtig. Die betroffenen Frauen müssten in die Lage versetzt werden, eine Entscheidung treffen zu können, erklärte Schwendke.
Für die medikamentöse Methode spricht, dass keine Operation und keine Anästhesie notwendig ist. Zudem empfinden es viele Frauen als Vorteil, dass mit Mifegyne eine ungewollte Schwangerschaft in einem frühen Stadium abgebrochen wird.
Für Frauen, die ihre Schwangerschaft spät bemerken oder sich noch nicht klar für einen Abbruch entschieden haben, ist dies jedoch ein Nachteil. Judit Pòk, Oberärztin an der Frauenklinik des Universitätsspitals Zürich, betrachtet den Zeitfaktor als "heikelsten Punkt". Die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft sollte nie unter Zeitdruck gefällt werden, betonte Pòk. Die Existenz von Mifegyne zwinge allerdings niemanden zu einer schnellen Entscheidung. Ein Abbruch könne nach wie vor zu einem späteren Zeitpunkt auf chirurgischem Weg durchgeführt werden.
Bewusstes Erleben des Abbruchs
Nebst dem Zeitfaktor ist auch das unterschiedliche Prozedere für einen Entscheid von Bedeutung. Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch wird bewusst erlebt, was sowohl als Vorteil als auch als Nachteil empfunden wird. Für viele Frauen sei eine aktive Beteiligung wichtig, erklärte Pòk. Damit kann allerdings auch eine psychische Belastung verbunden sein.
Viele Frauen stellen sich laut Pòk den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch zu einfach vor. Das Prozedere umfasst mehrere Konsultationen. Die Frucht wird erst einige Tage nach Einnahme der Mifegyne-Tabletten ausgestossen. Bei zwei bis fünf Prozent der Frauen versagt zudem die Methode.
RU 486 ist in den meisten europäischen Staaten zugelassen. Die Schweiz gab als zwölftes europäisches Land grünes Licht. Seit dem 22. Oktober 1999 ist die Abtreibungspille im Handel.
SRI und Agenturen

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