Abacha-Gelder: Vom Einzelfall zur Affäre
Im Zusammen- hang mit den Abacha-Geldern werden in der Schweiz zur Zeit 17 Banken untersucht. Eine davon ist die Bank M.M. Warburg (Schweiz). Ihr drohte vor zwei Jahren eine Verfügung der Eidg. Bankenkommission wegen nicht einwandfreier Geschäftsführung.
Die M.M. Warburg (Schweiz) sei eine der 17 Banken in Genf und Zürich, die im Zusammenhang mit Geldern des verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha untersucht werde, sagte Edgar Wolhauser, Leiter für Untersuchungsverfahren des Rechtsdienstes der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Bereits 1998 nahm die EBK Anstoss an einer Kundenbeziehung der M.M. Warburg (Schweiz), allerdings ohne Namen zu nennen. Dass es sich um eine Tochter des Hamburger Bankenkonzerns M.M. Warburg handelte, enthüllt das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner neusten Ausgabe und wird von Wolhauser bestätigt.
Gemäss Spiegel liess der Anlagebauer Ferrostaal, eine Tochter des deutschen Industriekonzerns MAN, insgesamt 460 Mio. DM auf ein Luxemburger Konto von Abacha-Sohn Mohamad fliessen. Ferrostaal habe im Südosten des afrikanischen Landes eine Aluminium-Schmelze für die Aluminium Smelter Company of Nigeria (Alscon) errichtet.
Die Bank habe die Gelder selbst als "Provisionen" bezeichnet, schreibt die EBK im Jahresbericht von 1998. "Im Bankkonzern einschliesslich des schweizerischen Instituts ist bekannt gewesen, dass an den Vermögenswerten Angehörige der Präsidentenfamilie des Staates wirtschaftlich berechtigt waren", heisst es weiter.
Über das von der EBK beanstandete Konto flossen gemäss Jahresbericht von der ausländischen Mutterbank innert acht Monaten knapp 300 Mio. DM. Sie wurden zu einem überwiegenden Teil an die ausländische Schwesterbank des schweizerischen Instituts weitergeleitet: Die M.M. Warburg & Co. Luxembourg S.A.
Wechsel im Management
Der M.M. Warburg (Schweiz) drohte gemäss Wolhauser nach Abschluss der EBK-Untersuchung 1998 eine Verfügung. Diese ist jedoch nie ausgestellt worden, da das Top-Management wechselte. Verwaltungsratspräsident Jürgen Förster, der Vizepräsident sowie der Generaldirektor nahmen den Hut.
Per 31. Mai 2000 ist Förster jetzt auch als geschäftsführendes Mitglied des Verwaltungsrates der M.M. Warburg & Co. Luxembourg S.A. zurückgetreten. Er habe selber darum gebeten, bestätigte Ingrid Kindsmüller, Sprecherin der M.M. Warburg in Hamburg.
Vom Einzelfall zur Affäre
Die EBK müsse sich keinen Vorwurf machen, etwas verschwiegen zu haben, sagte Wolhauser. Es sei nicht üblich, bei entsprechenden Vorfällen Namen zu nennen. Zudem habe es sich 1998 um einen "isolierten Einzelfall" gehandelt. Anhaltspunkte, dass auch andere Schweizer Banken Abacha-Gelder verwalteten, gab es damals gemäss Wolhauser keine.
Der "Einzelfall" hat sich nun allerdings zur Affäre ausgeweitet. Bisher hatte die Schweizer Justiz von den Abacha-Geldern insgesamt rund 645 Mio. Dollar eingefroren. Mehr als 200 Mio. Dollar wurden bei der Credit Suisse blockiert. Auch Luxemburg sperrte Konten mit Geldern in Milliardenhöhe. Die eidgenössischen Behörden haben mittlerweile rund 40 Mio. Dollar wieder freigegeben, wie der Genfer Untersuchungsrichter Georges Zacchin sagt.
Zur Affäre Abacha-Gelder auf Schweizer Bankkonten will die EBK im August oder September ausführlich informieren. Massnahmen dürften gemäss Wolhauser auf organisatorischer und personeller Ebene in Form von Verfügungen ergriffen werden.
swissinfo und Agenturen

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